Sehen Sie hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Kassenrecht.
Die Sonderversicherungsträger (BVAEB, SVS) führen die gesetzliche Krankenversicherung nicht vollständig nach den Bestimmungen des ASVG durch, sondern nach Sonderversicherungsgesetzen wie dem B-KUVG, GSVG und BSVG.
Die Bezeichnung „Kleine Kassen“ hat sich eingebürgert, da Vertragsärzte in der Regel den größten Teil ihrer Leistungen an Versicherten der ÖGK erbringen und die „Kleinen Kassen“ deutlich weniger Versicherte haben.
Die Krankenfürsorgeanstalten sind keine Sozialversicherungsträger im Sinne des Gesetzes. Sie gehören nicht dem Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger an. Es handelt sich dabei um landesgesetzlich eingerichtete sogenannte „dienstherrliche“ Fürsorgeeinrichtungen von öffentlich-rechtlichen Dienstgebern. Mit den Krankenfürsorgeanstalten wird daher kein Gesamtvertrag im Sinne des ASVG abgeschlossen. Es bestehen aber eigene Übereinkommen zwischen den Krankenfürsorgeanstalten und der jeweiligen Landesärztekammer. Die Leistungen der nachfolgenden Krankenfürsorgeanstalten werden gemäß B-KUVG als den Leistungen der Krankenversicherung nach dem B-KUVG gleichwertig angesehen.
Derzeit gibt es in Österreich folgende 15 Kranken- (und Unfall)fürsorgeanstalten:
Nach dem ASVG (die Sonderversicherungsgesetze verweisen diesbezüglich ebenfalls auf das ASVG) werden die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten durch Gesamtverträge geregelt. Derartige Gesamtverträge wirken ähnlich wie Kollektivverträge und beinhalten einerseits Regelungen, die für den einzelnen Vertragsarzt unmittelbar rechtsverbindlich werden (normativer Teil), und andererseits Regelungen, welche die den Gesamtvertrag abschließenden Parteien berechtigen und verpflichten (schuldrechtlicher Teil). Bestandteil eines jeden Gesamtvertrags ist die jeweilige Honorarordnung, die die Vergütung für die ärztlichen Leistungen regelt.
Ein Gesamtvertrag bindet nicht gleich automatisch jeden Arzt. Es ist zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Arzt ein Einzelvertrag abzuschließen, wodurch der Arzt erst zum Vertragsarzt des Sozialversicherungsträgers wird. Der Inhalt des Einzelvertrags ist durch den jeweiligen Gesamtvertrag vorgegeben. Vereinbarungen im Einzelvertrag, die dem Gesamtvertrag widersprechen, sind unwirksam. Dadurch ist gewährleistet, dass für jeden Vertragsarzt dieselben Rechte und Pflichten gelten und er seine ärztlichen Leistungen nach denselben Tarifen honoriert bekommt.
Durch den Abschluss des Einzelvertrags entsteht kein Angestelltenverhältnis.
Sobald ein zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Arzt mit einem Krankenversicherungsträger einen Einzelvertrag abschließt, wird er zum Kassen- oder Vertragsarzt. Er hat sich damit an die gesamt- und einzelvertraglichen Vorgaben des jeweiligen Sozialversicherungsträgers zu halten.
Hat ein Arzt nicht mit allen Krankenversicherungsträgern einen Einzelvertrag abgeschlossen, ist er hinsichtlich der Patienten, mit deren Krankenkasse er kein Vertragsverhältnis hat, Wahlarzt. Die Möglichkeit beispielsweise nur mit den Sonderversicherungsträgern, nicht aber mit der ÖGK einen Einzelvertrag abzuschließen, wurde aber in den letzten Jahren immer mehr eingeschränkt und ist eigentlich kaum mehr möglich.
Seit 1.1.2024 führt die Kündigung des Einzelvertrages mit einem Krankenversicherungsträger automatisch auch zur Beendigung der Einzelverträge mit den anderen beiden Krankenversicherungsträgern.
Wahlärzte sind niedergelassene Ärzte, welche keine Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern abgeschlossen haben. Für Wahlärzte gelten somit die gesamt- und einzelvertraglichen Regelungen nicht. Die Honorarordnungen der Krankenversicherungsträger haben aber insofern eine gewisse Relevanz, da sie Grundlage für die Kostenerstattung an die Patienten sind.
Ein Privatarzt erbringt ärztliche Leistungen, die ihrer Art nach keine Krankenbehandlung darstellen oder für die der jeweilige Sozialversicherungsträger aus anderen Gründen gesetzlich nicht leistungspflichtig ist. Da für den Sozialversicherungsträger keine Leistungspflicht besteht, hat der Patient diese Leistungen privat zu zahlen. Für private Leistungen hat der Patient auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung.
Auch ein Kassenarzt kann für gewisse Bereiche zum Privatarzt werden (vergleiche dazu den Hinweis auf vielen Ordinationsschildern: „Privat und alle Kassen“). Wahlärzte sind grundsätzlich auch Privatärzte. Für den Bereich der Leistungen, für die der Patient Anspruch auf Kostenerstattung hat, hat sich der Begriff des Wahlarztes durchgesetzt.
Beispiele für reine Privatleistungen sind: Impfungen, ästhetische Eingriffe, Eingriffe zur Empfängnisverhütung, Tauchsportuntersuchungen, Führerscheinuntersuchungen, Lebensversicherungsuntersuchungen, etc.
Die gesetzlichen Krankenversicherungsträger sind verpflichtet, ihren Versicherten im Krankheitsfall eine entsprechende medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Dies kann einerseits durch Sachleistungen und andererseits durch Geldleistungen erfolgen.
Unter Sachleistung fallen etwa die Krankenbehandlung, Heilmittel, Heilbehelfe, Hilfsmittel, Anstaltspflege, Hauskrankenpflege, Vorsorge- und Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen. Geldleistungen sind das Kranken- und Wochengeld, Kostenerstattung bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes und Kostenzuschüsse (z.B. für Zahnersatz).
Sachleistungsprinzip bedeutet, dass der Versicherte medizinische Leistungen in Anspruch nehmen kann, ohne dafür etwas bezahlen zu müssen. Die Krankenversicherungsträger schließen hierzu in erster Linie Verträge mit niedergelassenen Ärzten und anderen Vertragspartnern (Apotheken, Physiotherapeuten, Hebammen usw.) ab. Diese rechnen Ihre Leistungen mit den Krankenversicherungsträgern ab und nicht direkt mit den Versicherten. Die Krankenversicherungsträger können auch eigene Einrichtungen (z.B. Ambulatorien, Krankenanstalten, Heil- und Kuranstalten) betreiben, welche die Leistungen für ihre Versicherten erbringen.
Geldleistungsprinzip bedeutet, dass sich der Versicherte außerhalb der oben erwähnten Einrichtungen die Leistungen selbst organisiert und bezahlt (z.B. bei einem Wahlarzt), und anschließend die Honorarnote bei seinem Krankenversicherungsträger zur Kostenerstattung einreicht.
In Österreich ist überwiegend das Sachleistungsprinzip umgesetzt. Für Versicherte nach dem GSVG entscheidet die Höhe der Einkünfte, ob sie sach- oder geldleistungsberechtigt sind. Liegen sie mit Ihren versicherungspflichtigen Beträgen unter der Sachleistungsgrenze, dann sind sie sachleistungsberechtigt, darüber sind sie geldleistungsberechtigt. Sie können aber auch in die volle Geldleistungsberechtigung optieren.
Die Sozialversicherungsgesetze sehen vor, dass der Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung hat, wenn er nicht die Vertragspartner oder eigene Vertragseinrichtungen des Versicherungsträgers in Anspruch nimmt. Zu beachten ist allerdings, dass die Kostenerstattung der Höhe nach limitiert ist. Der Krankenversicherungsträger hat lediglich 80 % des Betrags zu ersetzen, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner bzw. Vertragseinrichtungen des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wären.
Mit anderen Worten: Nimmt ein Versicherter die Leistungen eines Wahlarztes in Anspruch, kann er die von ihm bereits bezahlte Honorarnote bei seinem Krankenversicherungsträger zur Kostenerstattung einreichen. Dieser hat dem Versicherten 80 % von dem Betrag zu ersetzen, den der Krankenversicherungsträger aufgrund der Honorarordnung einem Vertragsarzt zu bezahlen hätte. Die Krankenversicherungsträger ziehen also die Kassentarife (Honorarordnung) bzw. eigene in der Satzung festgelegte Rückersatztarife für die Berechnung der Kostenerstattung heran. Nicht die Höhe der Honorarnote ist daher für die Kostenerstattung ausschlaggebend, sondern die Kassen- bzw. Rückersatztarife.
Für Patienten gilt im niedergelassenen Bereich die freie Arztwahl. Sie können sich also aussuchen, von welchem Arzt sie sich behandeln lassen. Demgegenüber besteht für niedergelassene Ärzte das Prinzip der Vertragsfreiheit. Auch der Arzt kann sich also aussuchen, mit welchen Patienten er einen Behandlungsvertrag abschließen möchte. Zu beachten sind allerdings gesetzliche oder vertragliche Sonderbestimmungen, die den Arzt zum Abschluss eines Behandlungsvertrags zwingen (sogenannter Kontrahierungszwang).
Eine derartige gesetzliche Bestimmung sieht etwa das Ärztegesetz vor. Demnach darf der Arzt bei drohender Lebensgefahr die Erste Hilfe nicht verweigern. Eine Verweigerung der Ersten Hilfe kann strafrechtliche und disziplinarrechtliche Folgen nach sich ziehen. Eine vertragliche Sonderbestimmung ergibt sich aus den Gesamt- und Einzelverträgen mit den Sozialversicherungsträgern. Für Kassenärzte gilt generell eine Behandlungspflicht gegenüber allen Versicherten (Anspruchsberechtigten).
Allerdings findet sich in den Gesamtverträgen eine Bestimmung, wonach der Vertragsarzt in begründeten Fällen berechtigt ist, die Behandlung eines Anspruchsberechtigten abzulehnen. Den Grund für die Ablehnung hat der Vertragsarzt auf Verlangen dem Versicherungsträger mitzuteilen. Solche begründeten Fälle sind etwa, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt zerstört ist, der Patient im Wartezimmer randaliert oder andere Patienten belästigt, bei Tätlichkeiten des Patienten gegen das Personal oder den Arzt, Ehrenbeleidigungen und dergleichen.
Das Ärztegesetz sieht darüber hinaus vor, dass der Arzt dem Kranken oder den für dessen Pflege verantwortlichen Personen, erforderlichenfalls auch der Aufenthaltsgemeinde des Kranken, den Rücktritt von einer (weiteren) Behandlung rechtzeitig anzeigen muss. Dies hat den Hintergrund, dass der Patient eine ausreichende Frist hat, um sich um eine anderweitige Betreuung zu kümmern. Wie lange diese Frist ist, kann dem Gesetz nicht entnommen werden; es wird jeweils im Einzelfall zu beurteilen sein.