Gemeindearzt-Vertragsmuster

Vorblatt zu den Musterverträgen - Stand April 2022

Mit 1. August 2006 ist das Oö. Gemeindesanitätsdienstgesetz 2006 (Oö. GSDG) in Kraft getreten. Der 1. Abschnitt regelt den Gemeindesanitätsdienst in der Weise, dass - wie bisher - die Gemeinden verpflichtet sind, für den Aufbau und die Organisation des örtlichen Gemeindesanitätsdienstes zu sorgen. Die Gemeinde muss die ihr auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesen nach Maßgabe bundes- oder landesgesetzlicher Vorschriften im eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich obliegenden Pflichten erfüllen.

1. Aufbau und Organisation
Die Erläuterungen zu § 2 Oö. GSDG führen dazu aus:
"Die Gemeinde hat dafür zu sorgen, dass ein Arzt zur Verfügung steht, der zur selbständigen Berufsausübung nach dem Ärztegesetz berechtigt ist, von dem auf Grund seines Berufssitzes bzw. seines Wohnsitzes angenommen werden kann, dass er diese Aufgabe erfüllen kann. Dies kann auch bei Ärzten aus Nachbargemeinden der Fall sein. Die Gemeinde hat entweder mit einem Arzt, der alle Aufgaben erfüllt oder mit mehreren Ärzten mit gleichen oder unterschiedlichen Aufgabenbereichen einen Vertrag abzuschließen. Es steht den Gemeinden aber auch frei, dass für bestimmte Aufgaben mehrere Gemeinden gemeinsam einen Arzt bestellen und Verträge abschließen. Gemeinden können sich aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu einem Gemeindeverband auf Grund des Oö. Gemeindeverbändegesetzes zusammenschließen."
Durch die Oö. Gemeindesanitätsdienstgesetz-Novelle 2021 ist das Zitat des Ärztegesetzes in § 2 Abs 1 erster Satz entfallen, da es sich hier um eine Tatbestandsanknüpfung handelt. Der Hinweis auf die selbständige Berufsausübung ist so zu verstehen, dass eine Turnusärztin bzw. ein Turnusarzt nicht bestellt werden kann. Welche berufsrechtliche Qualifikation die Gemeindeärztin bzw. der Gemeindearzt haben muss, richtet sich nach den Aufgaben zu denen sie bzw. er vertraglich verpflichtet ist im Zusammenhang mit dem ärztlichen Berufsrecht.
 
Gemäß § 2 Abs 3 Oö. GSDG sind die Verträge schriftlich abzufassen.
Die Gemeindeärztin bzw. der Gemeindearzt ist vor Aufnahme der Tätigkeit nach § 2 Abs 4 Oö. GSDG von der Bürgermeisterin bzw. vom Bürgermeister oder von der Obfrau bzw. vom Obmann des Sanitätsgemeindeverbandes anzugeloben. Die erfolgte Angelobung ist schriftlich festzuhalten.
Seit der Oö. GSDG-Novelle 2021 eröffnet § 2 Abs 5 Oö. GSDG die Möglichkeit eine Vertretung der Gemeindeärztin bzw. des Gemeindearztes zu bestellen. Die Gemeinde kann danach zur Vertretung der Gemeindeärztin bzw. des Gemeindearztes weitere Ärztinnen und Ärzte mittels Werkvertrag und Angelobung zu Stellvertretenden Gemeindeärztinnen bzw. Gemeindeärzten bestellen (wiederum für alle oder für einzelne bestimmte Aufgaben; den äußeren Rahmen der Aufgaben bildet hier der Vertrag mit der Gemeindeärztin bzw. dem Gemeindearzt). Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, sich zur Ärztin bzw. zum Arzt im öffentlichen Sanitätsdienst bestellen zu lassen, wenn dies „lediglich“ als Stellvertreterin bzw. Stellvertreter erfolgt. § 2 Abs. 2 bis 4 Oö. GSDG gelten sinngemäß. Die Stellvertretung erlischt, wenn der Vertrag mit der Gemeindeärztin bzw. mit dem Gemeindearzt gekündigt oder aufgelöst wird. Eine entsprechende Klausel wurde im Mustervertrag aufgenommen.

Um für die Gemeinden möglichst viele Optionen zu eröffnen, wie die Aufgabenerfüllung organisiert werden kann, wurde durch die Neufassung des § 3 Oö. GSDG die Möglichkeit geschaffen, bestimmte Aufgaben an juristische Personen z.B. Gruppenpraxen, Primärversorgungszentren, etc. zu übertragen. Primärversorgungseinheiten können gemäß § 8 Abs. 7 Primärversorgungsgesetz (PrimVG), BGBl. I Nr. 131/2017 idgF, von einem für die Vollzugsbehörden zuständigen Rechtsträger auch an der Erfüllung der Ziele und Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes beteiligt werden und bei Bedarf ausgewählte öffentliche Gesundheitsaufgaben übernehmen.
So kann nunmehr vereinbart werden, dass die juristische Person organisatorisch sicherstellt, dass Ärztinnen bzw. Ärzte zur Totenbeschau zur Verfügung stehen und dazu von der Bürgermeisterin bzw. dem Bürgermeister angelobt werden; für diese Ärztinnen bzw. Ärzte gelten im Übrigen die Bestimmungen des Oö. Leichenbestattungsgesetzes. Weiters könnte beispielsweise vereinbart werden, dass Ärztinnen bzw. Ärzte als Schulärztinnen bzw. Schulärzte zur Verfügung stehen. Da die Ärztinnen bzw. Ärzte nicht in einem Vertragsverhältnis zur Gemeinde, sondern zur juristischen Person stehen, sind sie auch keine Gemeindeärztinnen bzw. Gemeindeärzte. Da auch Körperschaften des öffentlichen Rechts juristische Personen sind, können auch zB die Beistellung von Schulärzten durch das Land oder die Beauftragung der Ärztekammer mit der Erstellung von Sachverständigengutachten weiterhin aufgrund dieser Bestimmung erfolgen.
Aus den voranstehenden Erläuterungen ergeben sich folgende Vertragsgestaltungsmöglichkeiten und Vertragspartner:
 
1. Gemeinde/Gemeindeverband - eine (Stellvertretende) Ärztin bzw. ein (Stellvertretender) Arzt oder mehrere (Stellvertretende) Ärztinnen bzw. (Stellvertretende) Ärzte: für alle Aufgaben (Muster 1 mit Anlage 1)
2. Gemeinde/Gemeindeverband - mehrere (Stellvertretende) Ärztinnen bzw. (Stellvertretende) Ärzte: für einzelne Aufgaben (Muster 2 mit Anlage 1)
3. Gemeinde/ Gemeindeverband - eine oder mehrere juristische Personen: für einzelne Aufgaben (Muster 3 mit Anlage 1)

2. Aufgaben
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 2 Oö. GSDG führen dazu aus:
"Dem Gemeindearzt werden insbesondere folgende Aufgaben zu übertragen sein:
- Aufgaben nach dem Oö. Leichenbestattungsgesetz 1985;
- Tätigkeit als medizinischer Sachverständiger;
- Wahrnehmung der Aufgaben des Schularztes auf Grund schulrechtlicher Vorschriften.
Der Vertrag kann auch die Bestellung zum Amtssachverständigen (§ 52 Abs 1 AVG) beinhalten."

Im Anhang der Musterverträge (Anlage 1) sind jene Aufgaben aufgezählt, die nach geltenden Gesetzen eine bzw. einen im öffentlichen Sanitätsdienst stehende Ärztin bzw. stehenden Arzt oder Gemeindeärztin bzw. Gemeindearzt erfordern. Ändert sich die Rechtslage, kommt zB eine neue Aufgabe hinzu, so ist der Vertrag entsprechend anzupassen.

Gemeinden haben als Schulerhalter nach § 48 Abs 4 Oö. Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 (Oö. POG 1992), LGBl. Nr. 35/1992 idgF, Schulärztinnen bzw. Schulärzte beizustellen. Diese Aufgabe findet sich daher im Aufgabenkatalog der zitierten Anlage 1. Die betroffenen Gemeinden müssen einen Vertrag über schulärztliche Tätigkeiten abschließen, um die gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben zu erfüllen. Vom Land Oberösterreich (Landessanitätsdirektion) wurde ein Projekt "Schularzt neu" durchgeführt und evaluiert, mit dem die Aufgaben der Schulärztin bzw. des Schularztes und des "Schulberatungsarztes" zusammengeführt wurden. Die Erfahrungen dieses erfolgreichen Projekts werden genutzt, in dem die dafür ausgebildeten und beim Land Oberösterreich vertraglich verpflichteten Ärztinnen bzw. Ärzte jenen Gemeinden zur Verfügung stehen, deren Gemeindeärztin bzw. Gemeindearzt diese Aufgabe nicht erfüllt. Die Kostenbeteiligung der Gemeinden (Gemeindeanteil) liegt derzeit bei € 3,50 pro Schulkind. Der Gemeindeanteil erhöht sich mit dem Zeitpunkt und in demselben prozentuellen Ausmaß, in dem die Honorare für die bei beim Land unter Vertrag stehenden Schulärztinnen und Schulärzte angehoben werden.

Neben den gesetzlichen Pflichtaufgaben gibt es Aufgaben, die eine Gemeindeärztin bzw. ein Gemeindearzt unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen muss. Das ist zum einen die Unterbringungsuntersuchung nach § 8 Unterbringungsgesetz, BGBl. Nr. 155/1990 idgF, und zum anderen die in § 5 Abs 4a, 5 und 9 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 idgF, normierte Untersuchung im Hinblick auf die Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift im Straßenverkehr. Diese Aufgaben zählen nicht zu den Gemeindeaufgaben. Die Gemeindeärztin bzw. der Gemeindearzt wird für die durchgeführte Tätigkeit von der jeweiligen Auftraggeberin bzw. vom jeweiligen Auftraggeber entlohnt. Einen entsprechenden Hinweis enthalten die Muster 1 und 2 in der Anlage.

3. Entgelt
Bezüglich des Entgelts führen die Erläuterungen zu § 2 Oö. GSDG aus:
"Damit der gemeindeärztliche Dienst in allen Gemeinden zu gleichen Voraussetzungen angeboten werden kann, wurden zwischen dem Oö. Städtebund, dem Oö. Gemeindebund und der Ärztekammer für Oberösterreich Tarife für das anfallende Leistungsspektrum vereinbart, die nach dem Verbraucherpreisindex valorisiert werden. Auf diese Tarife ist Bedacht zu nehmen."
Für Oberösterreich wurden für die Totenbeschau, die Sachverständigentätigkeiten und die Einstellungsuntersuchung Tarife vereinbart. Es handelt sich dabei um Höchsttarife. Für die in Ziffer 3 und 4 angeführten Aufgaben wurden noch keine Tarife vereinbart. Diese Tarife sind von den Vertragspartnern im Vertrag festzulegen. Die Gemeindeärztin bzw. der Gemeindearzt erhält nur für die durchgeführte Tätigkeit ein Entgelt.

Anmerkung zum Tarif Einstellungsuntersuchung (Z 5 der Anlage1):
Gemäß § 30 Oö. Gemeinde-Dienstrechts- und Gehaltsgesetz 2002, LGBl. Nr. 52/2002 idF des Oö. Dienstrechtsderegulierungsgesetzes 2021 (Oö. DRDG 2021), LGBl. Nr. 76/2021, ist "zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung das Zeugnis eines Vertrauensarztes (Vertrauensärztin) des Dienstgebers beizubringen." Dabei handelt es sich um eine Aufgabe, die nach der geltenden Rechtslage nicht von der Gemeindeärztin bzw. vom Gemeindearzt wahrzunehmen ist. Für die Einstellungsuntersuchung von Gemeindebediensteten durch eine Gemeindeärztin bzw. einen Gemeindearzt wurde mit der Ärztekammer für Oberösterreich ein Tarif vereinbart. Dieser Tarif kommt nur zur Anwendung, wenn die Untersuchung nicht von der Vertrauensärztin bzw. dem Vertrauensarzt, sondern von der Gemeindeärztin bzw. dem Gemeindearzt durchgeführt wird.

4. Angelobung
Da nach § 2 Abs. 4 Oö. GSDG keine besonderen Erfordernisse an die Angelobung geknüpft sind, scheint es zweckmäßig, diese Formel in den Vertrag einfließen zu lassen. Dies hat den Vorteil, dass die (Stellvertretende) Gemeindeärztin bzw. der (Stellvertretende) Gemeindearzt mit der Vertragserrichtung auch angelobt ist und kein eigener Akt folgen muss, der schriftlich zu dokumentieren ist. Damit wird der Forderung nach möglichst unbürokratischer Vorgangsweise Rechnung getragen.
Nehmen die Ärztinnen bzw. Ärzte der juristischen Person hoheitliche Aufgaben war, so sind auch diese gemäß § 3 Abs. 3 Oö. GSDG zuvor von der Bürgermeisterin bzw. dem Bürgermeister (Obfrau bzw. Obmann des Sanitätsgemeindeverbands) anzugeloben.

Muster 1 GSDG Stand 2022
Muster 2 GSDG Stand 2022
Muster 3 GSDG Stand 2022

Ihre Anprechpartnerin

Mag. Dr. Sylvia Hummelbrunner, MBL PM.ME

0732 77 83 71-256

wirtschaftsrecht[at]aekooe.at

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