Sie haben die Wahl

Die Ärztekammerwahl steht vor der Tür. Manche werden sagen: Was interessiert mich das. Die Welt steht vielleicht vor einem Kollaps. Corona ist noch nicht vorbei und mir lachen so viele Gesichter aus den Wahlwerbungen entgegen.

Ja, diese Meinung kann ich nachvollziehen. Zwei Jahre Corona und jetzt der Krieg in der Ukraine nagen an den Nerven. Gerade in diesen Zeiten ist aber eine Wahl sehr wichtig. Sie zeigt, dass bei uns Demokratie
funktioniert. In vielen Ländern haben die Menschen keine Wahl, wie wir jetzt wieder einmal deutlich vor Augen geführt bekommen.
Sie haben wieder die Chance durch Ihre Stimme zu sagen, welches Team es in den letzten fünf Jahren gut gemacht hat. Aber auch zu sagen, welchem Team sie es zutrauen, die Ärzteschaft auch die nächsten Jahre
durch die sicher auch gesundheitspolitisch zunehmend unklaren Zeiten zu lenken – das zeigt sich schon daran, dass sich Österreich schon den dritten Gesundheitsminister während der Pandemie leistet.
Unabhängig von dieser Entscheidung ist es für mich sehr wichtig, dass Sie zur Wahl gehen. Eine Standesvertretung ist dann stark, wenn sie von den Mitgliedern getragen wird. Ein Zeichen für dieses Mittragen,
für Ihr Mitmachen, ist eine hohe Wahlbeteiligung. Ärztekammerwahlen sind eine klassische Briefwahl. Sie müssen also nicht einmal in ein Wahllokal gehen. Ja, vielleicht den eingeschriebenen Wahlbrief von der
Post abholen, wenn Sie bei der Zustellung ab dem 18. März nicht zu Hause waren. Machen Sie bitte von Ihrem Wahlrecht Gebrauch, es ist besonders in dieser Zeit ein deutliches Zeichen für eine funktionierende
Demokratie.


PVE – IN OBERÖSTERREICH SCHON OFT UMGESETZT
Nun, zu etwas anderem: Neue Versorgungsformen sind wichtig. In Oberösterreich konnten wir schon viele Kolleginnen und Kollegen begeistern, sich in einer Form der Gruppenpraxis – genannt PVE –
zusammenzutun. Das ist nur eine Blume eines in Zukunft sicher bunten Straußes an Versorgungsformen. Nun mischt sich aber wieder die Politik ein. In den letzten Jahren hat sich eine Phalanx von einigen
Bundesländern formiert, die gegen die Ärzteschaft und ihre Interessenvertretung mobil macht. Wir haben das bereits bei der Diskussion um die Kompetenz zur Führung der Ärzteliste bzw. zur Qualitätssicherung
miterleben müssen. Nunmehr legen die Länder noch nach. Angeführt von Wien, Vorarlberg und Tirol haben die Länder mittlerweile dem Gesundheitsministerium einen Novellenentwurf zum
Primärversorgungsgesetz vorgelegt. Man muss immer im Auge behalten, dass Gruppenpraxen in Form von Primärversorgungseinheiten gerade in der flächendeckenden und wohnortnahen Primärversorgung
immer nur eine Ergänzung des einzelnen Hausarztes sein werden. Aber gerade in Ballungsräumen sind diese Primärversorgungseinheiten – offenbar eine vor allem für junge Ärzte – attraktive Alternative und
Motivation, Primärversorgungsaufgaben zu übernehmen. Die seinerzeitige Gesetzwerdung hat sich allerdings daran gespießt, dass die Sozialversicherungen das Gesetz zum Anlass nehmen wollten, das Gesamtvertragssystem völlig auszuhöhlen. Ebenso konnte seinerzeit verhindert werden, dass Ambulatorien in die Primärversorgung eindringen und den Ärzten, die die Ordinationen führen, den Kassenvertrag streitig
machen können.

EINZELPRAXEN SOLLEN AUSGEBOOTET WERDEN
Nach dem Wunsch der Länder soll es im Rahmen des ausschließlich zwischen den Ländern und den Sozialversicherungen beschlossenen RSG (Regionale Strukturpläne Gesundheit) möglich sein, in den ärztlichen
Stellenplan einzugreifen und – auch gegen den Willen der Ärztekammer – Kassenstellen in Stellen für PVE umzuwandeln. Gerade in der Primärversorgung ist es aber aus meiner Sicht sehr wichtig,
einen Hausarzt seines Vertrauens vorzufinden und dass Ambulatorien nur dort ihren Platz haben, wo Versorgungsengpässe bestehen, weil sich kein Arzt bereit erklärt, Ordinationen zu übernehmen. Natürlich
denken die federführenden Länder dabei daran, diese Stellen durch Ambulatorien abzudecken, die von ihren Krankenanstalten gegründet werden.
Das gehört verhindert. Als Ärzte brauchen wir die Möglichkeit zwischen Anstellung außerhalb großer Trägerorganisationen und der Freiberuflichkeit zu entscheiden. Alles andere führt zur Monopolisierung
der Medizin und damit zum Nachteil der Ärzteschaft.