Allgemeinmedizin – die Basis der Versorgung

In dieser Ausgabe erfahren Sie mehr über einen weiteren Schritt zur Attraktivierung der Allgemeinmedizin – unser Mentoring- programm. Wir müssen dort die Ängste nehmen, wo sie junge Kolleginnen und Kollegen schildern.

Wichtig ist es hier, bereits bei den Studierenden anzusetzen, denn wenn ich als StudentIn mit der „wirklichen“ Allgemeinmedizin nicht in Kontakt komme, werde ich mich nicht in meiner späteren Ausbildung dafür entscheiden. Wir in Oberösterreich sind darüber hinaus der einzige Universitätsstandort, der im KPJ ein vierwöchiges Pflichtpraktikum bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin vorsieht. Dafür nimmt auch die OÖGKK und somit die gesamte Ärzteschaft Geld in die Hand, um den Praktikanten die entsprechende Entlohnung zukommen zu lassen. Das im März gestartete Mentoringprogramm gibt’s auch für die Kolleginnen und Kollegen, die bereits im Spital tätig sind. Hier sind die Träger bereit, einen Tag Freizeit pro Halbjahr zu geben, damit ein Hineinschnuppern in die extramurale Allgemeinmedizin möglich ist. Auch das verdient Anerkennung. Näheres in der Coverstory. Ich bedanke mich an dieser Stelle schon bei allen Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin, die sich für dieses Programm zur Verfügung stellen, denn Ihre Erfahrung und Ihre Begeisterung für diesen Beruf sollen auf die jungen Kolleginnen und Kollegen überspringen, damit die Allgemeinmedizin wieder einer der wichtigsten Berufe im Rahmen der Grundversorgung in unserem Land wird.

1450 – NOCH EINE NUMMER?!
Viele Verantwortliche im Gesundheitswesen waren vor ca. einem Jahr im Kanton Zürich, um sich dort das Patiententelefon anzusehen. Die Schweiz hat das gleiche Problem wie wir in Österreich: die Gesundheitskompetenz der Menschen ist am Nullpunkt angelangt, die Ängste und das Anspruchsdenken sind stark zunehmend. Hier braucht es eine niederschwellige Möglichkeit, um sich Rat zu holen. Bei uns ist dieses Patiententelefon, das einen Baustein im Rahmen des Patientenauskunfts- und Leitsystems darstellt, unter der Nummer 1450 erreichbar. Nach einer Pilotphase in drei Bezirken wurde dieses nun auf ganz Oberösterreich ausgerollt. Die Ärztekammer für Oberösterreich war in der entsprechenden Arbeitsgruppe immer dabei. Medizinisch besonders geschultes, diplomiertes Krankenpflegepersonal lotst jede Anruferin, jeden Anrufer durch ein von Ärztinnen und Ärzten entwickeltes, protokollgestütztes Abfragesystem – vergleichbar mit der Triage in den Aufnahmestationen in den Spitälern – und gibt dann Verhaltensempfehlungen ab. In der Schweiz hat man gesehen, dass etwa 30 Prozent dieser Anruferinnen und Anrufer zumindest nicht mehr akut im System behandelt werden mussten, weder von einem ärztlichen Notdienst, noch in einer Ambulanz, weil Ängste hinsichtlich des Gesundheitszustandes genommen werden konnten bzw. ein Arztbesuch untertags ausreichte. Dieses System ist nicht der Ersatz für den HÄND, denn falls aufgrund der Anfrage ein Arztkontakt notwendig werden sollte, wird dieser hergestellt, und es ist dann die Aufgabe des Arztes, aufgrund der Kontaktaufnahme die richtigen Maßnahmen zu treffen. Ich selbst bin aber sehr optimistisch, dass dieses Patiententelefon einen weiteren wichtigen Schritt in der Patientenlenkung darstellen wird.

PATIENTENSTEUERUNG IST UNUMGÄNGLICH
Ob PALES oder HÄND, die Ambulanzen oder tagsüber die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte – grundsätzlich wäre eine gute Patientensteuerung möglich! Ich weiß, es fehlt an Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern. Einen wichtigen Schritt, der zur Verbesserung beitragen wird, schildern wir in dieser Ausgabe. Es fehlt auch oft an Personal in den Aufnahmeambulanzen und der entsprechenden Anzahl an niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten. Gemeinsam, und da meine ich die Politik, die Kassen, die Trägerorganisationen und uns selbst, können wir das aber mittelfristig – ich hoffe noch rechtzeitig – schaffen. Denn sonst läuft das Gesundheitssystem sehr schnell Gefahr, deutlich an Leistungen und Qualität zu verlieren. Da braucht es aber auch von uns allen, und da ist besonders die Politik gefragt, die klare Aussage gegenüber den Patientinnen und Patienten: „Nützt euren Hausverstand. Die moderne Medizin ist kein Bauchladen, den man nach Lust und Laune ausnützen kann. Haltet euch an die von uns festgelegte Versorgungskette, sonst werden die gewohnte Qualität und Leistungsdichte in der Gesundheitsversorgung bald Schnee von gestern sein.“ Welche Schritte hier zu setzen sind, um die Menschen zu motivieren diesen Weg zu gehen – hier gibt’s Ideen von positiven Anreizen bis hin zur Ambulanzgebühr –, muss die Gesellschaft entscheiden.

Ihr Präsident Dr. Peter Niedermoser
Linz, im April 2019