Wenn schmerzende Hände den Schlaf stören

Wer in der Nacht oft aufwacht, weil die Hände schmerzen und sich die Finger taub anfühlen, leidet möglicherweise an einem Karpaltunnelsyndrom. Frühzeitig erkannt, können eine Physio- oder Ergotherapie, das Tragen einer nächtlichen Schiene, Dehnungs- und Kräftigungsübungen sowie eine lokale Injektion von Kortison gute Resultate erzielen. Ist die Erkrankung bereits fortgeschritten, ist oft eine Operation nötig.

eine Frau hält sich mit der linken Hand das rechte Handgelenk wegen Schmerzen; vor ihr steht ein Laptop

Das Karpaltunnelsyndrom betrifft mehrheitlich Frauen und ist die häufigste Engpasserkrankung eines peripheren Nerven, weiß Primar Dr. Franz Lettner, Fachgruppenvertreter für Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation der Ärztekammer für Oberösterreich und Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation. „Der Mittelarmnerv zieht entlang von Ober- und Unterarm bis zur Handfläche und muss am Handgelenk eine Engstelle, den Karpaltunnel, passieren. Schon kleinste Veränderungen in diesem Bereich können zu einer Reizung des auch Medianus genannten Nerven führen.“

Bleibt das Karpaltunnelsyndrom länger unbehandelt, wächst die Gefahr einer dauerhaften Nervenschädigung. Dann gehen Gefühlsvermögen und Greifkraft verloren. Alltägliche Tätigkeiten – wie ein Hemd zuknöpfen oder nach einer Kaffeetasse greifen – werden zur Herausforderung. Im Frühstadium lässt sich die Erkrankung aber gut mit nicht-operativen Therapien behandeln. Daher rät Dr. Franz Lettner wiederkehrende Symptome wie etwa das Einschlafen der Hände, Kribbeln oder nadelstichartige Schmerzen, die sich über den Arm bis zum Nacken ausbreiten können, rasch ärztlich abklären zu lassen. Mit einer elektrodiagnostischen Untersuchung kann das Ausmaß einer möglichen Nervenschädigung festgestellt werden.

Von Ruhigstellen bis Kräftigungsübungen
Steht die Diagnose fest und sind andere Erkrankungen wie ein Bandscheibenvorfall ausgeschlossen, geht es bei der Behandlung in erster Linie darum, den Druck auf den Mittelarmnerv zu reduzieren und die Durchblutung zu verbessern. „Eine Schiene, die das Handgelenk in der Nacht in einer neutralen Position ruhigstellt, hilft vor allem bei nächtlichen Schmerzen. Der Nerv wird entlastet und kann sich regenerieren. Physio- und ergotherapeutische Maßnahmen sowie Dehnungs- und Kräftigungsübungen können die Beschwerden ebenfalls lindern. Man kann dafür zum Beispiel einen kleinen weichen Ball in die Hand nehmen und kräftig zusammendrücken. Nach einigen Sekunden die Hand wieder öffnen und die Übung wiederholen“, empfiehlt Dr. Lettner. Sinnvoll ist es zudem, Tätigkeiten mit einer besonderen Belastung der Handgelenke zu verringern bzw. den Arbeitsplatz ergonomischer zu gestalten. Aufgrund seiner abschwellenden und entzündungshemmenden Wirkung wird in manchen Fällen auch Kortison als lokale Injektion verabreicht.

Wenn der Nerv unter Druck steht
Auslöser für das Karpaltunnelsyndrom ist eine Einengung des Mittelarmnerven auf Höhe des Handgelenks, zum Beispiel infolge einer Verletzung, durch eine chronische Sehnenscheidenentzündung oder durch Wassereinlagerungen im Gewebe (z. B. aufgrund einer Schwangerschaft). Zudem kann eine Grunderkrankung wie die rheumatoide Arthritis oder ein Diabetes mellitus dazu führen. Der im Karpaltunnel entstehende Druck reizt den Nerv, versursacht Schmerzen und Gefühlsstörungen. Diese treten zu Beginn der Erkrankung nur zeitweise auf (vor allem nachts, aber auch bei bestimmten Handhaltungen wie dem Telefonieren) und verschwinden wieder, wenn die Hand ausgeschüttelt oder die Haltung verändert wird. In diesem Stadium schlägt eine konservative Therapie sehr gut an. Bleiben die Beschwerden über einen längeren Zeitraum bestehen oder nehmen sie trotz Behandlung zu, dann ist oft ein operativer Eingriff erforderlich.