OÖ-Ärztekammer 2022 bis 2027 - Visionen, Ziele, Forderungen

Bei der heutigen Pressekonferenz stellte das neu gewählte Führungsgremium der Ärztekammer für Oberösterreich die Ziele, Visionen und Forderungen vor, die in dieser Legislaturperiode jedenfalls umgesetzt werden sollen.

Credit: ÄKOÖ/D. Hell

Am 9. Mai 2022 haben die konstituierende Vollversammlung der Ärztekammer für Oberösterreich sowie die Kurienversammlungen die Führungsteams für die kommende Funktionsperiode (2022 bis 2027) mit den notwendigen Mehrheiten gewählt. Basis war das Ergebnis der OÖ-Ärztekammer-Wahl vom 6. April 2022. Dr. Peter Niedermoser wurde als Präsident ebenso bestätigt wie MR Dr. Claudia Westreicher als 1. Vizepräsidentin und die Kurienobmänner Dr. Harald Mayer (Kurie der angestellten Ärzte) bzw. OMR Dr. Thomas Fiedler (Kurie der niedergelassenen Ärzte). Hier die Visionen, Ziele und Forderungen in den jeweiligen Bereichen für die kommende Funktionsperiode.

Dr. Peter Niedermoser, Präsident:
Emotionslose Aufarbeitung der Pandemie mit der Gesundheitspolitik: Nach über zwei Jahren Pandemie braucht es eine Analyse. Diese muss anhand der Erfahrungen und Daten von Ärztinnen und Ärzten sowie des Gesundheitspersonals geschehen und die positiven Maßnahmen sowie die Mängel in der Bewältigung der Krise und dem Versagen im medizinische Bereich sowie in den Krankenanstalten abdecken. Diese Aufarbeitung aller Entscheidungsträger von Politik, Spitals-Träger, Pflege und Ärztekammer muss im Sinne eines guten Ergebnisses emotionslos, ehrlich und tiefgreifend geschehen. Als Präsident macht es mich stolz, dass wir in der Vergangenheit immer wieder gegen diverse Einsparungen im Gesundheitssystem protestiert haben. Diese Hartnäckigkeit hat uns in Wahrheit in den letzten beiden Jahren gerettet.
Ausbau neuer bedarfsgerechter Kooperationsformen: Die Einstellung junger Kolleginnen und Kollegen hat sich in den 17 Jahren meiner Präsidentschaft grundlegend geändert. Auf diese neuen Rahmenbedingungen und Wünsche muss künftig noch mehr eingegangen werden. Ziel muss es sein, dass diese Anforderungen unter den gesetzlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen zusammen mit der Politik und der Österreichischen Gesundheitskasse bestmöglich umgesetzt werden. Gerade wir „erfahrenen“ Ärztinnen und Ärzte müssen die Grundlagen schaffen, dass junge Kolleginnen und Kollegen auch in 30 Jahren noch mit Freude und motiviert in die Arbeit gehen.
Erhalt der Privatmedizin und vernünftige Integration in alle Ebenen: Eine Ärztin bzw. ein Arzt muss in Österreich die Wahl haben, in welcher Form er seinen Beruf ausüben möchte. Die Privatmedizin ist dabei ein Teil des Systems und kein Ableger einer Zwei-Klassen-Medizin. Alle Patientinnen und Patienten werden in Österreich medizinisch gleich betreut. Privatpatientinnen und Patienten - die es sich leisten wollen - haben im System aber zum Beispiel die Möglichkeit, ihren Vertrauensarzt zu wählen. Das bringt wieder Geld in das gesamte System.

MR Dr. Claudia Westreicher, 1. Vizepräsidentin und Leiterin Wahlarzt-Referat:
Erhalt der freien Niederlassung und Unabhängigkeit: Diese Sicherstellung ist der Garant für die freie Ausübung des Berufs als Ärztin bzw. als Arzt. Wir akzeptieren keinerlei Verpflichtung etwa zu Nachtdiensten, fixen Ordinationszeiten oder Ähnlichem. Natürlich sind wir aber jederzeit bereit, über Veränderungen zu diskutieren, wie sich Wahlärztinnen und Wahlärzte noch intensiver in die Versorgung der Menschen einbringen können.
Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Die Ärzteschaft steht vor einem demografischen Problem, auch viele Wahlärztinnen und Wahlärzte haben ein hohes Alter erreicht, knapp über 50 Prozent dieser Kolleginnen und Kollegen sind über 55 Jahre alt. Dazu wird die Ärzteschaft immer weiblicher. Das erfordert für die Zukunft bessere Arbeitsmodelle samt Kinderbetreuungs-Möglichkeiten, Mutterschutzregeln oder Regeln zur Karenzvertretung. Ziel ist eine bessere Vereinbarkeit von Freizeit und Beruf.
Teilnahme von Wahlärzten an elektronischen Projekten: Künftig muss dafür Sorge getragen werden, dass die E-Infrastruktur mit E-Rezept, E-Impfpass, E-Befunde oder die elektronische Krankmeldung auch für Wahlärztinnen und Wahlärzte endlich möglich wird.

Dr. Harald Mayer, Kurienobmann der angestellten Ärzte in der OÖ-Ärztekammer:
Mehr Zeit für Ausbildung: Die Ausbildung darf kein Hobby für die Auszubildenden und die Ausbildner sein. Eine gute und fundierte Ausbildung von jungen Kolleginnen und Kollegen benötigt Zeit, sie ist eine Investition in die Zukunft. Gerade in den letzten zwei Jahren ist die Ausbildung aber leider zu kurz gekommen, weil viele nicht in ihrer angestammten Abteilung gearbeitet haben. Daher müssen wir uns diesem Thema wieder intensiver widmen. Wenn die Ausbildung aber nur symbolhaft geschieht, wird das sicher nicht funktionieren.
Zugangsregelungen und Patientenlenkung: Ein wichtiger Punkt sind strukturierte Zugangsregelungen, beginnend mit der Behandlung in der Allgemeinmedizin bis hin zu den Spitalsambulanzen. Die aktuelle Situation ist bereits eine Herausforderung für die Kolleginnen und Kollegen. Verschärfend kommt aber hinzu, dass in den nächsten Jahren mindestens 25 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in den Spitälern durch Pensionierung verloren gehen.
Moderne Arbeitsformen: Der Beruf des Spitalsarztes muss attraktiver gestaltet werden. Die Kolleginnen und Kollegen sollen gerne in den Spitälern bleiben, wenn sie mit der Facharzt-Ausbildung fertig sind. Dies kann nur durch eine Attraktivierung des Systems erreicht werden, diese Attraktivität für die junge Generation fehlt aber aktuell. Begonnene Karrieremodelle sind ein erster und guter Schritt, aber es ist noch zu wenig passiert, um Ärztinnen und Ärzte das gesamte Arbeitsleben im Spital zu halten. Auch die Primarärztezulage ist ein erster Schritt im Sinne einer fairen Managementabgeltung.

OMR Dr. Thomas Fiedler, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte:
Niederlassungs-Offensive: Das Ziel muss es sein, wieder mehr Ärztinnen und Ärzte in den niedergelassenen Bereich zu bekommen. Das gilt sowohl für die Allgemeinmedizin als auch für Fachärztinnen und -ärzte. Dazu braucht es aber eine Re-Attraktivierung des verkrusteten Kassensystems.
Niederlassungs-Unterstützung: Das Investment in eine Niederlassung von einigen hundertausend Euro darf für eine junge Ärztin bzw. einen jungen Arzt kein finanzieller Rucksack sein. Dazu braucht es neue Ansätze bei der Finanzierung von Praxen, etwa Leasing-Modelle, die eine Anfangsinvestition abfedern. Dazu wäre es wichtig, dass Ordinationen von den täglichen organisatorischen und technischen Widrigkeiten einer Ordinationsführung freigespielt werden.
Krankenkassen-Reform: Das in Oberösterreich erwirtschaftete Geld muss auch in Oberösterreich bleiben. Dies wäre eine Win-Win-Win-Situation für die Ärzteschaft, die Versicherten und die Krankenhäuser. Dieses Geld wird für eine Attraktivierung des medizinischen Standorts Oberösterreich und die zu erbringenden Leistungen dringend benötigt. Gerade was die finanzielle Gebarung mit dem Geld der Versicherten angeht, war Oberösterreich immer schon ein positives Beispiel und Vorzeige-Bundesland.

Abschließend sagt Dr. Niedermoser: „In den letzten Jahren konnte die Ärztekammer für Oberösterreich zusammen mit den Playern des Gesundheitssystems wichtige Projekte umsetzen. Diese konstruktive Zusammenarbeit ist uns auch in der Zukunft sehr wichtig. Wir werden hier sehr klar und deutlich unsere Meinung vertreten. Wenn aber Grenzen überschritten werden und die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten nicht mehr in einem guten Umfang gewährleistet ist oder gar gefährdet wird, werden wir dies sehr klar ansprechen und mit allen, uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenwirken.“