Neue Formen der Niederlassung braucht das Land

In dieser Ausgabe haben wir uns im Leitartikel dem Thema Primärversorgungseinheit als ein neues Konzept in der Versorgung im niedergelassenen Bereich gewidmet. Es gibt Vorteile aber auch Nachteile, wie bei jeder Sache!

Wichtig ist und war uns in Oberösterreich immer, für die Kolleginnen und Kollegen einen bunten Strauß an Formen, um sich niederzulassen, zu erarbeiten. Angefangen von der Gruppenpraxis – Sie kennen ja die Varianten der „Übergabepraxen“ – bis hin zur Anstellung Arzt bei Arzt oder der erweiterten Vertretung ist ja schon viel passiert. Manches wird mehr, anderes wieder weniger angenommen. Besonders wichtig ist, dass wir Ihre Wünsche erfahren, wie Sie sich eine Zusammenarbeit im niedergelassenen Bereich vorstellen können. Ja, es wird auch weiterhin viele Kolleginnen und Kollegen geben, die sich in Einzelpraxen niederlassen möchten – die Auswahl ist derzeit genügend groß –, aber aus vielen Gesprächen mit Ärztinnen und Ärzten geht ganz klar hervor, dass auch immer wieder eine enge Zusammenarbeit und flexible Zeitkonzepte gewünscht werden. Bitte melden Sie sich in der Ärztekammer für Oberösterreich, wenn Sie eine Idee haben, wie Niederlassung für Sie aussehen kann. Natürlich gibt es gesetzliche Rahmenbedingungen und auch Regeln der Sozialversicherung, die derzeit manches nicht erlauben. Aber gute Ideen haben sich noch immer durchgesetzt, denn Gesetze und Regeln sind veränderbar, auch wenn es manchmal seine Zeit braucht.

LEHRPRAXIS EINE ERFOLGSGESCHICHTE
Seit einigen Jahren wird die Lehrpraxis am Ende der Ausbildung zum Allgemeinmediziner durch die Sozialversicherung, den Bund, das Land und den/die LehrpraxisinhaberIn für den Lehrpraktikanten/die Lehrpraktikantin finanziert. In allen Umfragen, durchgeführt von der Ärztekammer und, ganz neu, von der Sozialversicherung, werden an die Lehrpraxis von beiden Seiten – Praktikant und Ausbildner – Bestnoten vergeben. Da könnte man ja meinen, es ist alles bestens. Leider ist es nicht so. Die Verlängerung der Vereinbarung zur Finanzierung steht an. Der Bund möchte sich aber aus der Finanzierung verabschieden, denn das Ziel, dass sich die jungen Kolleginnen und Kollegen nach der Ausbildung sofort niederlassen, wurde nicht erreicht. 20 Millionen Euro, hat man uns gesagt, wurden so umsonst investiert. Umsonst waren diese sicher nicht, weil die Kolleginnen und Kollegen bestens ausgebildet wurden. Warum diese nicht gleich in die Niederlassung gegangen sind, hat viele andere Gründe, hängt aber nicht per se mit der Lehrpraxis zusammen. Wir wissen, dass viele eine Facharztausbildung im Krankenhaus angeschlossen haben, da die Kolleginnen und Kollegen selbst und auch die Träger erkannt haben, dass es gar nicht so schlecht ist, Kolleginnen und Kollegen im Haus zu haben, die auch eine gute Ausbildung in der Allgemeinmedizin haben.

WAS HÄLT AB?
Natürlich halten manche starren Regeln im Sozialversicherungsrecht, viele oft überbordende Auflagen durch die Kasse, aber auch der Respekt davor, sofort eigenverantwortlich in einer Praxis arbeiten und auch das wirtschaftliche Risiko selbst tragen zu müssen, davon ab, den Schritt in die Niederlassung zu wagen. Auch jetzt lassen sich die meisten im Durchschnitt erst fünf Jahre nach der Ausbildung in einem Kassenvertrag nieder. Die Lehrpraxis ist also nicht das Problem. Daher sind wir wieder am Anfang. Die Rahmenbedingungen, wie ich immer wieder von ganz „frisch“ niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen höre, sind nicht so schlecht in Oberösterreich. Natürlich bedarf es aber auch hier Verbesserungen, um die Niederlassung schmackhaft zu machen, zum Beispiel eine optimale Vorbereitung der Kolleginnen und Kollegen auf die Selbstständigkeit. Einen Betrieb zu führen, diesen gut zu organisieren und viele weitere wichtige Themen werden wir verstärkt anbieten. Denn natürlich, wie ich ganz am Anfang geschrieben habe: Neue Formen der Niederlassung und auch der Zusammenarbeit in diesem Bereich, die wir noch mehr den Wünschen und Ideen der jungen Kolleginnen und Kollegen anpassen müssen, ohne die jetzt bereits niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen aus unserem Blick zu verlieren, braucht das Land.

Ihr Präsident Dr. Peter Niedermoser
Linz, im November 2020