Als ich mich auf dieses Editorial vorbereitete, war eines Morgens zu lesen: „Überversorgung im stationären Bereich“, die es angeblich hier gibt, sei der Grund dafür, dass in Oberösterreich der niedergelassene Bereich gerade in den Boden gefahren wird, denn die ÖGK will Doppelstrukturen vermeiden. Da fragt man sich dann, ob die Herren in Wien noch richtig ticken.
Niemals sind die Spitäler, insbesondere die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte, dafür verantwortlich, jene Leistungen zu übernehmen, die aufgrund des ausgeprägten Mangels an niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen anfallen. Die Österreichische Gesundheitskasse hat die vorrangige Aufgabe, in Zukunft sicherzustellen, dass eine ausreichende Versorgung durch Kassenstellen mit attraktiven Rahmenbedingungen gegeben ist, damit die entsprechenden Leistungen dort von den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen gut erbracht werden können. Spitäler sind jedenfalls nicht der Lückenbüßer für fehlerhaftes Kassenstellen-Management der ÖGK – so lautete meine Antwort in den Medien. Wie soll die von der Bundespolitik im Regierungsprogramm niedergeschriebene Forderung nach einer Patientenlenkung je funktionieren, wenn solche Meinungen in der ÖGK vorherrschen? Jahrelang hat die ÖGK vergessen, draußen in den Regionen die Grundlagen für eine ausreichende und gute Versorgung durch niedergelassene Kolleginnen und Kollegen zu schaffen. Ich weiß, das Wort Patientenlenkung können manche schon nimmer hören, aber ohne eine verpflichtende Patientenlenkung wird es im System bald richtig krachen.
MEDIZIN-UNI IN LINZ
Bei einer Veranstaltung an der Linzer Medizin-Uni hat sich wieder einmal gezeigt, dass die Entscheidung für einen Ausbildungsstandort in Oberösterreich richtig war. Fast 20 Prozent der Studierenden zeigen großes Interesse an der Allgemeinmedizin. Besonderer Dank gebührt hier den vielen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, die ihre zukünftigen Kolleginnen und Kol-
legen in der Famulatur, im Klinisch-Praktischen Jahr und auch im Vorlesungsbetrieb für diesen Beruf begeistern. Diese jungen Medizinerinnen und Mediziner werden aber wieder abspringen,
wenn die ÖGK es nicht schafft, interessante Rahmenbedingungen für zukünftige Ärztegenerationen anzubieten.
Meine Generation hat die Vorgaben der ÖGK – damals noch OÖ Gebietskrankenkasse – ehrfürchtig akzeptiert. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Heute geht’s um die Rahmen-
bedingungen, die ein flexibles Arbeiten im niedergelassenen Bereich ermöglichen und Arbeit sowie privates Leben in ein gutes und ausgewogenes Verhältnis bringen. Die Statistiken der Universität zeigen uns auch, dass die Studentinnen und Studenten, die in Oberösterreich ausgebildet werden, gerne hier bleiben. Das ist gut so, denn wir werden sie alle brauchen, um die Pensionierungswelle abzufedern. Wir in der Ärztekammer freuen uns schon auf Ihr Engagement, denn es wird auch Ihre Aufgabe sein, die Entwicklung der Medizin in den nächsten 40 Jahren mitzubestimmen – weil: dies der ÖGK oder anderen Institutionen alleine zu überlassen, ist der falsche Weg, wie man immer wieder während des Morgen-Kaffees in der Zeitung lesen kann.
Ihr Präsident Dr. Peter Niedermoser
Linz, im Juni 2025