Keine Verlagerung der Leistungen ins Spital

Jeder, der in einer Aufnahmeambulanz arbeitet, sagt, dass zumindest 30 Prozent der Patientinnen und Patienten am falschen Ort

sind. Viele sagen auch, dass das für deutlich mehr als ein Drittel der Patienten gilt.

Natürlich verstehe ich die Patientinnen und Patienten, dass sie, wenn sie im niedergelassenen Bereich keine Versorgung finden, aus Unsicherheit und Angst in die Ambulanz gehen. Natürlich schauen auch viele Kranke – oder sich krank Fühlende – zuerst im Internet nach, und da ist man bei Oberbauchschmerzen nach fünf Minuten gleich mal bei Krebs oder einem Gallenblasendurchbruch gelandet. Ich möchte aber ganz klar festhalten, dass die Versorgung im niedergelassenen Bereich nicht deshalb schlecht ist, weil die Kolleginnen und Kollegen nicht engagiert genug arbeiten. Nein, sie ist deswegen so schlecht, weil Oberösterreich nachweislich jenes Bundesland mit den wenigsten Kassenstellen im allgemeinmedizinischen und fachärztlichen Bereich ist. ÖGK-Obmann Huss sagte dazu lapidar in den Medien: Da Oberösterreich über eine toll ausgebaute Spitalsversorgung verfügt, hat die Österreichische Gesundheitskasse in Oberösterreich
die Versorgung im extramuralen Bereich nicht ausgebaut. Ich weiß nicht, wie man mit einer solchen Einstellung überhaupt glauben kann, einen Platz mit Verantwortung im Gesundheitswesen zu haben. Wenn die zu wenigen Kolleginnen und Kollegen im extramuralen Bereich, ganz egal ob Kassenärztin/Kassenarzt oder Wahlärztin/Wahlarzt, nicht so engagiert arbeiten würden, wäre die Versorgung sicher bereits an die Wand gefahren.


ANGESTELLTE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE
Das gleiche gilt für die Kolleginnen und Kollegen in den Spitälern. Wir Spitalsärztinnen und Spitalsärzte leisten jeden Tag einen riesigen Beitrag dafür, dass die Versorgung in Oberösterreich klappt, auch bei jenen Dingen, die nicht einer spitalsärztlichen Betreuung bedürfen. Ich gehe fast jeden Tag um 5:30 Uhr ins Spital, auf die Pathologie. Ich habe sehr viele Gespräche in unserem Haus, wo ich merke, dass viele am Rande ihrer körperlichen und emotionalen Leistungsgrenze sind. Ja, wir sind zum Glück Ärztinnen und Ärzte, die nicht sofort alles fallen lassen, wenn es kritisch wird, sondern wir setzen uns für unsere Patientinnen und Patienten ein. Jetzt kommt dann ein Spitzen-
vertreter der ÖGK daher und sagt beim Thema der Patientenlenkung (die braucht es unbedingt, damit die Versorgung nicht zusam-
menbricht) sinngemäß: Da machen wir mit 1450 eine Terminvereinbarung für die Patientinnen und Patienten im extramuralen Bereich, und wenn das nicht funktioniert, dann halt in einer Spitalsambulanz. Ich habe in dieser Besprechung klar gesagt: NEVER. Ich erwarte mir auch von unseren Dienstgebern, dass sie sich schützend vor uns stellen. Denn es ist auch die Aufgabe der Dienstgeber (= Spitalsträger), uns vor Überlastung zu schützen. Sie haben hier eine Sorgfaltspflicht gegenüber den Dienstnehmenden.


VERSORGUNGSAUFTRAG
Wir Ärztinnen und Ärzte haben keinen gesetzlichen Versorgungsauftrag. Im extramuralen Bereich liegt der Versorgungsauftrag bei der ÖGK. Im intramuralen Bereich bei den Trägern, das heißt bei den Ländern. Wir haben die Aufgabe und Pflicht, in unserer Dienstzeit – sowohl extramural als auch in den Krankenhäusern – die Patientinnen und Patienten engagiert, empathisch und medizinisch hochwertig zu betreuen. Ja, das machen wir über das Maß hinaus. Für die Rahmenbedingungen sind die zwei genannten Institutionen zuständig. Und
das ist ja eigentlich nicht so schwierig zu verstehen.

Ihr Präsident Dr. Peter Niedermoser
Linz, im September 2025