Dr. Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich:
„Corona fordert vor allem von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitswesens seit zwei Jahren höchste Anstrengungen. Im Vergleich zu anderen Ländern ist Österreich bisher aber ganz gut durch die Pandemie gekommen. Das liegt neben dem Einsatz vieler Beteiligter auch daran, dass das Gesundheitssystem in den letzten Jahren im Vergleich zu anderen Ländern nicht vollständig zu Tode gespart wurde. Dazu ist in anderen Ländern die Versorgung in den Alten- und Pflegeheimen auf einem deutlich schlechteren Niveau als bei uns. Auch die hartnäckigen Forderungen der Ärztekammer trugen dazu bei, dass nicht am Gesundheitswesen gespart wurde.
Rückblickend waren anfänglich die Beschaffung der Schutzmaterialen sowie zu Beginn 2021 die Impfkampagne herausfordernd. Bereits nach wenigen Wochen konnte die Schutzimpfung im Bereich der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Spitalsärztinnen und -Ärzte abgeschlossen werden. Alleine im Februar 2021 wurden 3051 Medizinerinnen und Mediziner geimpft. Oberösterreich war damit das erste Bundesland, das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ärztlichen Bereich durchgeimpft hatte. Das diente dem Schutz der Ärztinnen und Ärzte genauso wie der Patientinnen und Patienten. Insgesamt erhielten in dieser Phase 22.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsberufe innerhalb weniger Wochen ihren ersten „Stich“. Vor allem das gute Verhältnis mit dem Land Oberösterreich im Bereich der Aufteilung der Impfdosen, die in der Anfangszeit noch Mangelware waren, erleichterte die Arbeit.
Natürlich kann und konnte man in der Pandemie viel an der Arbeit der Bundesregierung kritisieren. Unsere vorrangigste Aufgabe war es aber immer, rasch auf die sich wechselnden Vorgaben und Verordnungen zu reagieren, damit die Ärztinnen und Ärzte ungehindert ihren Kernaufgaben nachgehen konnten. So wurden bisher 201 Newsletter an die Ärztinnen und Ärzte versendet, an vielen Tagen musste mehrmals täglich auf neue Entwicklungen reagiert werden.
Vorausblickend wird wichtig sein, dass der Sommer nicht wieder verschlafen wird. Die Entwicklungen müssen sehr genau beobachtet werden, vor allem jene auf der Südhalbkugel, wo dann Wintersaison ist. Dann muss Bilanz gezogen werden und gehören alle wichtigen Institutionen wie Ärzteschaft, Politik, Spitalsträger und Pflege an einen Tisch. Diese Diskussion muss auf Basis von Fakten basieren und emotionslos geführt werden. Die Fragen müssen dann lauten: Was hat gut, was hat nicht gut funktioniert? Wo gibt es kurz- und mittelfristig Potenzial für Verbesserungen?“
Dr. Harald Mayer, Kurienobmann der angestellten Ärzte, Ärztekammer für Oberösterreich:
„Zuerst ein großes Danke und Lob an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Spitälern, die seit drei Wintern einer extremen Mehrbelastung ausgesetzt sind. Besonders jene auf den Intensivstationen sind stark gefordert, aber auch andere Bereiche sind durch die Belegung mit Covid-Patientinnen und -Patienten einer Zusatzbelastung ausgesetzt.
Weil die Fachbeschränkung aufgehoben wurde, haben viele Kolleginnen und Kollegen in fremden Stationen aushelfen müssen, die in Covid-Stationen umgewandelt wurden. Das zeigt den starken Zusammenhalt in der Ärzteschaft und hier speziell im angestellten Bereich. Durch den Rückstand sind die Kolleginnen und Kollegen aber in der Zukunft noch weiter stark gefordert. Das gilt sowohl psychisch als auch physisch. Junge Kolleginnen und Kollegen, die in Ausbildung stehen, konnten diese nicht wie geplant absolvieren. Auch in anderen Bereichen ist sehr viel liegen geblieben. Damit keine Kollateralschäden in der Bevölkerung entstehen, muss dieser Rückstand nun aufgearbeitet werden.
Der Einsatz hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Oberösterreich bisher aus medizinischer Sicht einigermaßen gut durch die Pandemie gekommen ist. Dieses Engagement muss fair abgegolten werden. Daher fordern wir unter anderem schon länger gegenüber dem Bund einen außerordentlichen Biennalsprung. Der Bund stellt für entgangene Einnahmen der Krankenanstalten und höhere Ausgaben der Länder in den Jahren 2020 und 2021 einen Pauschalbetrag von insgesamt 750 Millionen Euro zur Verfügung. Dieses Spitalspaket soll bis 31. März 2022 ausbezahlt werden. Dieser Schritt war längt überfällig. Das Geld muss dorthin fließen, wo die wichtigsten Ressourcen liegen, zum Spitalspersonal und insbesondere zu den Ärztinnen und Ärzten sowie den Pflegekräften.
Positiv ist vor allem, dass durch die Pandemie der Zugang zu den Spitälern etwas strukturierter geworden ist. Gleichzeitig ist es aber bedenklich, dass mittlerweile Gesundheitseinrichtungen durch Wachpersonal geschützt werden müssen. Die Menschen müssen endlich erkennen, dass das Virus unser Feind ist und nicht die Menschen, die tagtäglich für ihre Patientinnen und Patienten im Einsatz sind. Demokratie und Meinungsfreiheit sind ein hohes Gut. Einige müssen aber lernen, dass es Grenzen gibt, in denen man seine Meinung vertreten darf.
In Österreich sind wir glücklicherweise in der Situation, dass wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben, vor allem, was die Kapazitäten angeht. Man braucht nicht weit über die Grenzen blicken, wie jämmerlich andere Regionen mit der Pandemie umgegangen sind. Gerade vor diesem Hintergrund haben wir die Verpflichtung, mit den uns zur Verfügung stehenden beschränkten Mitteln anständig umzugehen. Das tun wir von ärztlicher und medizinischer Seite ganz sicher.“
OMR Dr. Thomas Fiedler, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer für Oberösterreich:
„Auch wenn es keiner geglaubt hat, haben wir gewusst, dass einmal eine Pandemie auf uns zukommen kann. Trotzdem wurden wir vor zwei Jahren überraschend getroffen. Wie damit aber von Politik und Leistungserbringern, wie die niedergelassene Ärzteschaft, umgegangen wurde, dafür gebührt Dank und Lob. Gerade die niedergelassenen Ärzte stehen auch in der Pandemie für die regionale Versorgung der Bevölkerung bereit. Hier zeigt sich wieder einmal, dass die Hausärztin und der Hausarzt als Vertrauensperson eine wichtige Rolle in der sachlichen und transparenten Aufklärung einnehmen.
Gerade die Anfänge waren schwierig. Es wurden keine Routineuntersuchungen und Kontrollen durchgeführt, selbst Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nur im Notfall gemacht. Es war vor allem aber auch der Wunsch der Bundesregierung, dass die Menschen ihr Zuhause so wenig wie möglich verlassen und damit nur im Notfall Ärztinnen und Ärzte aufsuchen. Die medizinische Grundversorgung war aber stets gewährleistet, keine Ordination war im vollen Lockdown, obwohl bisher alleine im niedergelassenen Bereich 360 Kolleginnen und Kollegen wegen Covid in Quarantäne mussten. Vorwürfe, dass Ordinationen nicht aufgesperrt wurden, konnten rasch entkräftet werden.
Eine tragende Rolle spielte die Ärzteschaft auch beim Impfen. Insgesamt wurden in Oberösterreich bisher (mit Stand 21.2.) 2.810.611 Impfungen verabreicht. Gerade die Anfangsphase war intensiv. Alleine in den ersten drei Quartalen 2021 haben Kassen- und Wahlärzte in Oberösterreich 371.987 Impfungen durchgeführt, bis Mai waren in Alten- und Pflegeheimen 22.822 Impfungen verabreicht worden. Die Impfquote betrug daher bereits nach wenigen Wochen 75 Prozent bei Bewohnern und 60 Prozent bei Mitarbeitern.
Zusammen mit dem Roten Kreuz und der ÖGK Landesstelle OÖ wurde auf freiwilliger Basis ein Covid-19-Visitendienst eingerichtet. Der Zweck dieses Visitendienstes, der bisher 756 Mal von 65 verschiedenen Kolleginnen und Kollegen gemacht wurde, ist die Behandlung und Überwachung von Covid-Patientinnen und -Patienten, die sich in häuslicher Quarantäne befinden und medizinische Betreuung benötigen.
Die Pandemie hat uns auch gezeigt, wie wichtig die Versorgung der Patientinnen und Patienten durch Hausapotheken sind. Dadurch erspart sich der Patient den so beschwerlichen und oftmals auch wegen der Ansteckungsgefahr gefährlichen Weg zu einer Apotheke. Diese Ansteckungsgefahr bleibt auch wegen anderer Infekte weiter aufrecht, daher muss dieses bewährte System in Zukunft weiter gestärkt und ausgebaut werden. Eine Stärkung der Hausapotheken ist daher unumgänglich. Die Medikamenten-Versorgung muss wieder vermehrt durch den Arzt erfolgen können. Gerade im ländlichen Raum ist es für ältere und nicht mobile Personen extrem wichtig, dass die Versorgung mit Medikamenten durch den Arzt ihres Vertrauens erfolgt.
Welchen logistischen Aufwand es bisher zu bewältigen gab, zeigen folgende Zahlen: So wurden unter anderem 3.776.028 Schutzmasken, 12.808.550 Paar Handschuhe und 67.200 Liter Desinfektionsmittel an die OÖ-Ordinationen verteilt. Weitere Details entnehmen Sie bitte der nachstehenden Übersicht.
Vorausschauend betrachtet, wird eine Aufarbeitung der letzten beiden Jahre unumgänglich sein. Fakt ist aber, dass sich wieder gezeigt hat, wie wichtig eine funktionierende und flächendeckende ärztliche Versorgung ist. Dieses Angebot gehört auch honoriert.“