Regionale Kompetenz statt einheitlichem Drüberfahren

Für viel Unruhe in der Bevölkerung und in der Ärzteschaft sorgten kürzlich Berichte, wonach der Rechnungshof (RH) empfiehlt, die Landesärztekammern zu entmachten. „Wobei allein schon das Wort ´Macht´ nicht gut gewählt ist. Denn es geht nicht um Macht, sondern um die bestmögliche gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung. Und dafür gibt es unterschiedliche Zugänge, was in einer Demokratie auch richtig und wichtig ist“, so Dr. Peter Niedermoser. „Daher ist es wichtig, sich keine Meinungen über die Medien auszurichten, sondern konstruktiv zu verhandeln“, so der Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich. Daher hatte die Ärztekammer bereits 2020 nach der missglückten „Kassenfusion“ der ÖGK einen umfassenden einheitlichen Leistungskatalog vorgelegt.

Gleiche Versorgung für alle

„Es kann einfach nicht sein, dass der Umfang der medizinischen Versorgung davon abhängt, in welchem Bundesland man lebt“, so MR Dr. Paul Niederberger, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der OÖ-Ärztekammer. Er meint damit etwa den Umstand, dass manche Leistungen wie etwa die Muttermalkontrolle in einigen Bundesländern kostenpflichtig sind, in anderen aber nicht. Auch zahlt die Österreichische Gesundheitskasse den Kassenärzten je nach Bundesland teils unterschiedliche Honorare für gleiche Leistungen. „Auch hier haben wir immer wieder Vorschläge gemacht, die Gesundheitskasse hat aber auf Zeit gespielt. Jetzt, wo ein finanzielles Debakel offenkundig geworden ist, versucht die ÖGK, der Ärzteschaft den schwarzen Peter zuzuschieben“, so Dr. Niederberger.

Korrekte Zahlen auf den Tisch

So seien die Ärztehonorare über die vergangenen sieben Jahre doppelt so stark gestiegen wie die Inflation, wird behauptet. Hier braucht es eine differenzierte Betrachtung. So betrug die durchschnittliche Tarifanhebung der Ärzteschaft in Oberösterreich im Jahr 2024 über alle Fachgruppen 6,05 Prozent, die Tariflöhne in Österreich stiegen aber um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Das war sozusagen die Erhöhung des Grundlohnes. Auch in der Wirtschaft kommen dann noch Mehrleistungen dazu, das sind bei der Ärzteschaft die Frequenzen. „Hier gab es eine Zunahme, weil es die ÖGK über Jahre nicht geschafft hat, den Kassenbereich den Bedürfnissen der immer älter werdenden Bevölkerung anzupassen“, so Dr. Niederberger. „Das heißt, die Ärztinnen und Ärzte mussten viel mehr arbeiten, um die Patientinnen und Patienten adäquat versorgen zu können“, so der Kurienobmann.

 

Kompetenz muss wieder in die Bundesländer

„Verschärfend kommt hinzu, dass mit der Kassenfusion Hunderte Millionen Euro im ÖGK-Molloch in Wien versickert sind. Das ist das Geld der oberösterreichischen Versicherten und soll auch hier den Menschen zur Verfügung stehen“, fordert Dr. Niedermoser jene 500 Millionen Euro zurück, die bei der Fusion abgeflossen sind. „Früher war es noch möglich, mit der Landesstelle der ÖGK gute und innovative Projekte umzusetzen, die auch in den Regelbetrieb übernommen wurden. Jetzt aber entscheidet nur die ÖGK-Zentrale in Wien über das Schicksal der Bundesländer, das macht eine Zusammenarbeit fast unmöglich. Dabei kennen wir vor Ort die Bedürfnisse der Menschen und wissen, was sie benötigen“, so Dr. Niedermoser. Die Folge: Auf die Wünsche der jungen Ärztinnen und Ärzte wird immer weniger eingegangen und die Kassenverträge weichen immer mehr von den modernen Anforderungen ab. Dadurch interessieren sich immer weniger, einen Kassenvertrag anzunehmen. „Knapp 50 offene Kassenstellen allein in Oberösterreich sprechen eine deutliche Sprache. Die Kasse vernachlässigt damit immer mehr ihren Versorgungsauftrag. Daher braucht es wieder Entscheidungen in den Ländern, mit den selbstständigen regionalen Ärztekammern und Sozialversicherungen“, so Dr. Niedermoser und MR Dr. Niederberger unisono.

Foto: Witzany