Wir wehren uns mit allen Mitteln gegen Alibi-Verhandlungen

Es tritt all das ein, was wir von Anfang an prognostiziert haben. Der zentrale Moloch ei-ner ÖGK fährt das Gesundheitswesen an die Wand. Die bei der Kassenfusion von Oberösterreich nach Wien abgeflossenen „300 Millionen Euro kommen nie mehr wieder nach Oberösterreich“, so lautet der O-Ton eines Landesstellenleiters. Ideen für mehr Effizienz sind kontraproduktiv, weil das gewonnene Geld wieder nach Wien abfließt und dort versickert. Früher blieb es im Land, um innovative Ideen zu fördern.

Genauso ist es mit den Verhandlungen. Es sind Pseu-doverhandlungen mit der Landesstelle, weil der Bund den Rahmen vorgibt. Obmann Andreas Huss wun-dert sich, warum so wenige junge Kolleginnen und Kollegen in die kassenvertragliche Niederlassung ge-hen, sondern lieber als Wahlärztinnen und Wahlärzte tätig werden. Ich kann es ihm gerne sagen: Weil die jungen Kolleginnen und Kollegen auf die Rahmenbe-dingungen ihres weiteren Lebens sehr genau schau-en. Da ist nicht mehr Masse gefragt, sondern Klasse. Nicht das Durchschleusen von Patientinnen und Patienten, wie es meine Generation gewöhnt war, und die dies mit hohem Einsatz zum Wohle der Patientin-nen und Patienten auch super erledigt hat. Sie wollen mehr Zeit haben für Gespräche und Begleitung der Patientinnen und Patienten. Obmann Huss hat auch gesagt, dass die allgemeinmedizinische Betreuung die wichtigste Versorgung des Landes sei. Mal eine neue Diktion für die Stärkung des niedergelassenen Bereichs. Dann soll die ÖGK Rahmenbedingungen schaffen, damit die ärztliche Jugend sagt: Ja, ich gehe in die Niederlassung. Junge engagierte Kolleginnen und Kollegen, ob als Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner oder als Fachärztinnen und Fachärzte, sind auch der Schutzwall der Ambulanzen vor ausuferndem Patientenandrang.

KASSENVERHANDLUNGEN
Wir werden bis zum Schluss mit der ÖGK verhan-deln. Natürlich auch dafür, dass alle eine korrekte Abgeltung der Inflation erhalten – wie jeder andere in Österreich. Wir verhandeln auch für die Patien-tinnen und Patienten: Die ÖGK nimmt von diesen Beiträge ein – und das nicht zu knapp –, um dieses Geld in eine optimale Versorgung der Beitragszahlen-den umzuwandeln. Das wird aber nur dann optimal klappen, wenn wir für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen Rahmenbedingungen schaffen, die für diese passen. Ja, wir sind mit guten und innovativen Ideen dabei, aber wir lassen uns sicher nicht einem zentralen Diktat unterjochen.

UNSERE NEUEN IDEEN ZUR AMBULANTEN FINANZIERUNG
Eine denkbare Lösung wäre eine Finanzierung des gesamten Gesundheitssystems aus einer Hand. Das ist aber politisch unrealistisch und setzt die Entschei-dung voraus, wer diese eine Hand sein soll. Der Staat oder die Kasse? Beides würde zu einer Unterfinan-zierung führen, wie das Beispiel vieler Länder mit verstaatlichtem Gesundheitssystem (etwa England, Schweden, Italien) zeigt. Diese Unterfinanzierung würde erst recht zu Lasten des niedergelassenen Bereichs gehen. Daher schlägt die Ärztekammer für Oberösterreich ein neues Finanzierungskonzept vor. Dieses beruht zwar weiter auf zwei Säulen, die Grenze dieser dualen Finanzierung würde aber anders gezogen werden. So sollten künftig die Kassenärztinnen und Kassenärzte sowie die Spitalsambulanz aus einem Topf, der stationäre Bereich aus einem zweiten Topf finanziert werden. Das Geld für die Kassenärztinnen und Kassenärzte würde dabei über das Gesamt-vertragssystem der Kassen und der Ärztekammern gesteuert, jenes des stationären Bereichs so wie bisher über den Landesgesundheitsfonds. Ein Beispiel könnte man sich hier an Deutschland nehmen. Dort wird der niedergelassene Bereich über die Kassenärztliche Vereinigung gesteuert (eine gesetzlich eingerichtete Institution, der alle Kassenärztinnen und Kassenärz-te angehören, vergleichbar mit unseren Kammern). Nur wenn die jeweilige ambulante Leistung in einer Ordination nicht wirtschaftlich erbringbar ist, wird sie von einer Spitalsambulanz zugekauft. Das gilt etwa für onkologische Spezialambulanzen, HIV-Therapien oder für investitionsintensive nuklear-medizinische oder radiologische Leistungen. Damit sind in Deutsch-land die Ambulanzen viel weniger belastet als bei uns. Auch politisch wäre diese Lösung realistischer als die Finanzierung aus einer Hand, weil sowohl Länder als auch die Krankenkassen weiter ihren Einfluss behalten würden. Für die Patientinnen und Patienten würde es den Vorteil bringen, dass es zu einem Ausbau der wohnortnahen Versorgung kommt und die Gefahr eines verstaatlichten Gesundheitssystems vermieden würde. Würde mich freuen von Ihnen zu lesen, was Sie davon halten: niedermoser@aekooe.at