Strukturierte Patientensteuerung ist unerlässlich

In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit der Patientensteuerung. Ein Thema das derzeit in aller Munde ist. Die ÖÄK hat sich

im letzten Vorstand neuerlich damit beschäftigt und einen eindeutigen Beschluss zur Patientensteuerung mit einer Verpflichtung

der Patientinnen und Patienten gefasst. Ein richtiger Ansatz. Aber dazu gehören mal die Rahmenbedingungen und der Weg festgelegt.

Es wäre ja sehr einfach. Im Krankenanstaltengesetz gibt es genau vier Gründe, warum die Patientin/der Patient die Krankenhaus-Ambulanz nützen sollte – eigentlich darf: Zur notfallmedizinischen Betreuung,
zur Vor- und Nachbetreuung von medizinischen Eingriffen, zur Nutzung von im Gesetz festgelegten Spezialambulanzen und dann, wenn medizinische Leistungen nicht in einer zumutbaren Nähe zu bekommen
sind. Wenn man das genau überlegt, bleibt da, wenn das Gesundheitswesen gut aufgestellt ist, nicht viel übrig. Im Leitartikel wird beschrieben, was hier notwendig wäre.

ERWARTUNGEN AUFGEBAUT, DIE NICHT MEHR ERFÜLLBAR SIND
Nun bin ich doch schon lange im Gesundheitssystem tätig. Ich gehe fast jeden Tag um spätestens 6:30 Uhr in meine Abteilung und bekomme somit täglich mit, mit welchem Enthusiasmus die Menschen wegen
jeder Kleinigkeit die Ambulanzen aufsuchen. Ganz unschuldig sind wir als Ärzteschaft ja nicht. In den vergangenen Jahrzehnten haben wir ja auch durch Werbebotschaften den Menschen gesagt: kommt
zu uns, wenn euch was weh tut, denn es könnte ja gefährlich sein. Ja wir haben es schon differenziert, aber das Gefühl, was notwendig ist oder was nicht, ist den Menschen dadurch abhandengekommen. Natürlich
haben da auch die Politik, die ÖGK und die Träger stark mitgeholfen. Mitgeholfen, den Menschen die eigene Gesundheitskompetenz abzugewöhnen. Wenn ich nur an die vielen Gesundheitstage in den
Spitälern denke, an die großseitigen Inserate in den Zeitungen der Trägerorganisationen, was man wieder für tolle innovative Methoden anbieten kann und vieles mehr. Das hat die Patientin/den Patienten
in die Spitäler gebracht. Damit sollte man endlich aufhören. Die Menschen kommen auch ohne Werbung in das Krankenhaus. Die Werbebudgets sollte man dafür einsetzen, Personal für die Krankenhäuser
zu gewinnen und – ja das macht Sinn – die zuweisenden Kolleginnen und Kollegen über neue innovative Therapien und diagnostische Möglichkeiten zu informieren.

OHNE PATIENTENMOTIVATION SCHWER UMSETZBAR
Ich habe in der Pandemie gelernt, wie wichtig die eigene Entscheidung ist. Man wollte die Wahl haben, sich zu entscheiden: Ob man sich impfen lässt oder nicht, ob man der Wissenschaft glaubt oder einem YouTube-Video. Wir sollten auch bei der Patientenlenkung der Patientin bzw. dem Patienten Wege aufzeigen, die sie/er wählen kann. Ich bin der Meinung, dass die Gesundheitsberufe – von der Pflege bis zum Primariat, ja auch bis zu den Verantwortlichen in den Krankenhäusern und den Rettungsorganisationen – einen Weg durch das Gesundheitssystem definieren sollten. Wenn man diesen Weg geht, bekommt man eine bestmögliche Versorgung, die am Ende auch die Option eines Ambulanzbesuches oder einer stationären Aufnahme beinhalten kann. Wenn man sagt, ich will aber gleich in die Ambulanz, dann braucht es ganz klar eine deutliche finanzielle Beteiligung. Diese zwei Möglichkeiten muss man den Menschen natürlich klar kommunizieren und dann können sie sich entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wollen. Voraussetzung ist natürlich, dass dieser Weg durchgängig möglich ist und nicht durch eine Unterversorgung im niedergelassenen Bereich eingeschränkt wird. Daran muss man noch gemeinsam arbeiten. Derzeit – und auch das muss man den Menschen deutlich kommunizieren – ist einfach nicht mehr alles rund um die Uhr, zu jeder Tages- und Nachtzeit, möglich. Wir müssen uns auf die wichtigen Tätigkeiten fokussieren, nicht auf den Zeckenstich oder einen roten Hautfleck. Vielerorts sind die Ressourcen, vor allem der Pflege und der engagierten Kolleginnen und Kollegen, erschöpft.

Ihr Präsident Dr. Peter Niedermoser
Linz, im Mai 2023