Schiedsstelle für Behandlungszwischenfälle – eine Ära geht zu Ende!

Mit Jahresende legten zwei Urgesteine ihre Funktionen in der Schiedsstelle zurück. Dr. Helmut Hubner und Primar i. R. Dr. Gunter Neuwirth trugen über ein Jahrzehnt lang maßgeblich dazu bei, dass bei vermeintlichen Behandlungszwischenfällen außergerichtliche Lösungen gefunden werden konnten. Dank ihnen war es in vielen Fällen möglich, das wichtige Vertrauensverhältnis im Gespräch zwischen Arzt und Patient wiederherzustellen.

Die Schiedsstelle für Behandlungszwischenfälle

Seit ihrer Gründung 1991 entwickelte sich die Schiedsstelle zu einer Institution, die ausgesprochen lösungsorientiert arbeitet und sich ganz klar zu einer offenen und wertschätzenden Kommunikation bekennt. Sie wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, bei vermeintlichen Behandlungszwischenfällen den Betroffenen eine Möglichkeit zu bieten, sich außergerichtlich zu einigen. Langwierige Gerichtsverfahren, die in den meisten Fällen für beide Seiten – für Patient und Arzt – unangenehm und teuer sind, sollten dadurch vermieden werden und der Erfolg gibt den Initiatoren Recht. Seit 1991 wurden in 734 Sitzungen der Schiedsstellenkommission knapp 5.000 Beschwerdefälle abgewickelt. Im Durchschnitt kam es bei zirka einem Drittel von Seiten der Haftpflichtversicherungen zu Zahlungen an die Patienten in der Höhe von insgesamt € 18 Millionen.

Ein eingespieltes Team als Schlüssel zum Erfolg

Seit 2005 wurde die Schiedsstellenkommission souverän von Dr. Helmut Hubner, Präsident des Linzer Oberlandesgerichts i. R., geleitet. Er folgte auf Mag. Rudolf Brunnhofer, der als Gründer und Vorsitzender der ersten Stunde, die unabhängige Schiedsstelle mitaufgebaut hat. 2006 stieß Primar i. R. Dr. Gunter Neuwirth (Facharzt für Chirurgie) als ärztlicher Beisitzer der Kommission zum Schiedsstellen-Team. Gemeinsam setzten sie sich für Ärztinnen und Ärzte ebenso wie für Patientinnen und Patienten ein, um eine Klärung von vermeintlichen Behandlungszwischenfällen herbeizuführen. Das Credo des eingespielten Teams lautete dabei stets: Der Weg zum Konsens führt über eine wertschätzende und gute Gesprächskultur, in der alle Anliegen wertfrei behandelt und ernstgenommen werden. „Und so konnten auch komplexe und manchmal aussichtslos scheinende Fälle einer für beide Seiten akzeptablen Lösung zugeführt werden“, freut sich Dr. Maria Leitner, seit Gründung der Schiedsstelle als juristische Beisitzerin tätig.

Konsens ist Trumpf

Wir haben bereits nach den ersten Fällen gesehen, dass wir gemeinsam etwas bewegen können und sich Gerichtsverfahren vermeiden lassen. In meiner 40-jährigen Tätigkeit als Richter habe ich immer wieder erlebt, dass vor Gericht die Fronten bereits verhärtet sind, aber im Rahmen der Schiedsstelle ist ein partnerschaftliches Gespräch in einer angenehmen Atmosphäre möglich“, ist Dr. Helmut Hubner, Präsident des Linzer Oberlandesgerichts i. R., von der Sinnhaftigkeit der Schiedsstelle überzeugt. Unter seiner Leitung fanden über 290 Sitzungen statt, in denen 2.411 Beschwerden behandelt wurden. Dabei wurden von den Haftpflichtversicherungen rund € 10,5 Millionen an die Patienten bezahlt.

Dass die Anliegen der Patienten ernst genommen werden, ist natürlich auch im Interesse der Ärzte. Kommt es zu einer Unzufriedenheit, muss diese geklärt werden. Hier geht es auch darum, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wiederherzustellen. „Bei den meisten Fällen, die an die Schiedsstelle herangetragen werden, handelt es sich – unabhängig davon, welches Fachgebiet betroffen ist – um Aufklärungsfehler, Komplikationen nach Operationen oder verspätete Diagnosen. Dreh- und Angelpunkt aller Sitzungen ist es, die Probleme gemeinsam aufzuarbeiten, einander zuzuhören und im besten Fall den Weg für eine außergerichtliche Lösung zu ebnen“, zeigt sich Primar i. R. Dr. Gunter Neuwirth sehr erfreut über den Erfolg der Schiedsstelle. Als ärztlicher Beisitzer der Kommission konnte er knapp 280 Sitzungen mit insgesamt 2.258 Fälle beratend begleiten. Dank seiner Expertise, die er sich auch außerhalb seines Fachgebiets der Chirurgie aneignete, waren äußerst selten externe Gutachter nötig. Das wirkte sich auf den zeitlichen Verlauf der Fälle sehr positiv aus.

Dank für jahrelanges Engagement

Dr. Helmut Hubner und. Dr. Gunter Neuwirth ist es zu verdanken, dass die Verfahren vor der Schiedsstelle in Oberösterreich harmonisch und professionell ablaufen konnten. Von den Patienten, über deren Vertreter, wie zum Beispiel Patientenvertretung, Arbeiterkammer oder Rechtsanwälte bis hin zu Ärzten, deren Versicherungen sowie den Rechtsträgern – sie alle schenken der Schiedsstelle seit Jahren großes Vertrauen. Stets konsensorientiert und mit großem Fingerspitzengefühl brachten die beiden viele, selbst komplexeste Fälle zu einem positiven Abschluss“, bedankt sich Dr. Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich. In der Frühjahrsvollversammlung Anfang Juli wird Dr. Hubner und Dr. Neuwirth angesichts ihres langjährigen Engagements das Goldene Verdienstzeichen der Ärztekammer für Oberösterreich verliehen. Zudem ist eine Abschiedsfeier mit Partnern und Wegbegleitern geplant, die stattfinden wird, sobald es die COVID-19-Situation zulässt.

Als Vorsitzender der Schiedsstellenkommission folgt der bisherige Stellvertreter, Dr. Alois Jung, nach. Die Stellvertreter-Funktion übernimmt Dr. Johannes Payrhuber. Beide bekleideten in ihrer aktiven Zeit als Richter für mehrere Jahre das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz. Den ärztlichen Beisitz übernehmen der bisherige Stellvertreter Prim. i. R. Dr. Rudolf Sigl (Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin) und Univ.-Prof. Prim. i. R. Dr. Roman Rieger (Facharzt für Chirurgie). Der rechtliche Beisitz wird weiterhin von Dr. Maria Leitner und Mag. Christoph Voglmair, LL.M. von der Ärztekammer für Oberösterreich geführt.