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FAQ für Ordinationsgründerinnen und -gründer zu Primärversorgungseinheiten (PVE)

Vorbemerkung:

Bitte beachten Sie, dass die Darstellung der Regelungen für Primärversorgungseinheiten im Detail sehr komplex ist und hier zugunsten der Verständlichkeit eine überblicksmäßige und damit grob vereinfachende Darstellungsweise gewählt wurde. Für viele der hier angesprochenen Regelungen gibt es Ergänzungen, Ausnahmen usw, die hier nicht oder nur rudimentär dargestellt sind, um nicht den Rahmen einer Grundsatzdarstellung der PVE-Regulative zu sprengen. Sie finden auf der Homepage der Ärztekammer für Oö www.aekooe.at unter der Rubrik Niedergelassene/Gruppenpraxis/PVE weiterführende detaillierte Unterlagen zu den hier angesprochenen und sonstigen Bereichen.

Eine PVE ist eine strukturierte Zusammenarbeitsform von Ärzten und sonstigen Gesundheitsberufen zur Erbringung von Leistungen im Rahmen der sog Primärversorgung. Eine PVE kann an einem Standort betrieben werden, kann aber auch als Netzwerk (maximale Entfernung zwischen den einzelnen Standorten darf 10 Straßenkilometer betragen) mit mehreren Standorten organisiert sein. Neben AllgemeinmedizinerInnen sind auch KinderfachärztInnen zur Gründung einer PVE berechtigt. Darüber hinaus können auch Allgemeinmediziner gemeinsam mit Kinderärzten eine PVE gründen. PVEs sind als juristische Personen zu gestalten, entweder als OG oder als GmbH in Form einer Gruppenpraxis. Derzeit ist eine PVE-Gründung nur unter Einbindung von mindestens drei Kassenplanstellen möglich, daher muss das ärztliche Team, das auch als Gesellschafter der PVE auftritt, aus mindestens drei Ärzten bestehen, es können aber auch mehr sein. Die sonstigen Gesundheitsberufe sind als Dienstnehmer in die PVE einzubinden. Zwingend sind dabei Ordinationsassistenten und diplomierte Pflegekräfte aufzunehmen, ebenso Physiotherapeuten und Psychotherapeuten bzw Psychologen. Auch die Anstellung eines Sozialarbeiters ist obligatorisch. Sonstige Therapeuten (zB Ergotherapie, Diätologie, …) sind je nach Bedarfslage zusätzlich aufnehmbar. Aufgrund der Größe des Teams müssen PVEs über entsprechend große Gebäudeflächen verfügen, bei drei Kassenstellen mind 550 m2. Wenn mehr Kassenstellen eingebunden werden sollen, sind noch größere Flächen notwendig.

Hinsichtlich des Leistungsspektrums entspricht dieses im Bereich der Allgemeinmedizin jenem der Einzelärzte, allerdings sind einige Tätigkeitsbereiche zwingend zu erbringen: kl Chirurgie, Wundversorgung, Substitutionsbehandlung, Disease-Managementprogramme. Ebenso ist eine Leistungscodierung mittels ICPC2 bzw ICD10 obligatorisch. Eine PVE hat einen Kassenvertrag mit allen gesetzlichen Sozialversicherungsträgern, mit den Krankenfürsorgen sind gesonderte Vereinbarungen erforderlich. Die Erbringung von Diensten im Rahmen des HÄND oder der öffentlichen Gesundheitsaufgaben (Totenbeschau, Unterbringungsuntersuchungen) erfolgt wie bei den Einzelärzten bzw Gruppenpraxen.

Die Öffnungszeiten sind erweitertet zu gestalten, bei drei Kassenstellen ist eine Mindestöffnungszeit von 40 Stunden vorgesehen, die mit einer größeren Anzahl von eingebundenen Kassenstellen entsprechend ansteigt. Jeder Arzt der PVE ist verpflichtet mind 20 Wochenstunden in der PVE tätig zu sein, damit sind überlappende Arztzeiten garantiert. Neben den „üblichen“ Regelungen für die Verteilung der Öffnungszeiten auf die Wochentage zwischen Montag und Freitag und der Gewährleistung von Morgen- und Abendordinationen, ist insbesondere der Freitagnachmittag jedenfalls bis 16 Uhr abzudecken. PVEs haben im Vergleich zu Einzelärzten und Gruppenpraxen nicht die Möglichkeit, die Einheit zur Gänze zu schließen. Allerdings besteht, je nach Anzahl der eingebundenen Kassenstellen die Option, die Ordinationszeiten für maximal 3 Wochen pro Jahr auf ein entsprechendes Ausmaß zu reduzieren.

Die Honorierung erfolgt durch die ÖGK, SVS und BVAEB, mit den Krankenfürsorgen können Vereinbarungen getroffen werden. Die Honorierung der ärztlichen Leistungen garantiert eine Honorar analog den Einzelärzten/Gruppenpraxen. Dies wird dadurch erreicht, dass der durchschnittliche Fallwert der Allgemeinmediziner (bei Kinderfachärzten derjenige der Kinderärzte) mit der Anzahl der Patienten der PVE multipliziert wird, vereinfacht gesprochen, wird damit ein Durchschnittshonorar eines Allgemeinmediziners oder Kinderfacharztes erreicht, bei überdurchschnittlicher Leistung entsprechend mehr. Dazu kommen noch Aufzahlungen für Koordinierungsleistungen und vermehrte Inanspruchnahmen. Da die Financiers (Sozialversicherungen und Land Oberösterreich) die Personal- und Sachkosten übernehmen, erfolgt ein entsprechender Honorarabschlag zum Ausgleich. Bei der SVS und BVAEB wird zur Verrechnung das Honorierungssystem der Einzelärzte/Gruppenpraxen angewendet, aufgrund der Übernahme der Personal-und Sachkosten aber ebenfalls mit Honorarabschlag. Die Personalkosten werden von den Financiers, getrennt nach Berufsgruppen bis einem maximalen Gehaltsrahmen übernommen, dafür gibt es Richtlinien für deren Anstellung und Anzahl. Ebenso werden die Aufwendungen im Bereich der Sachkosten durch entsprechende Pauschalzahlungen übernommen, dies wird durch den obgenannten Honorarabschlag ausgeglichen. Zuschüsse für Mietkosten werden individuell vereinbart, da diese naturgemäß regional sehr unterschiedlich sind. Die Zahlungen erfolgen monatlich pauschal, einmal jährlich wird im Rahmen eines sog Jahresgespräches dann die endgültige Abrechnung mit jeder einzelnen PVE besprochen. Die Aufteilung der Gelder der Financiers auf die einzelnen Ärzte erfolgt durch die ärztlichen Gesellschafter nach den individuell vereinbarten Regelungen im Rahmen des Gesellschaftsvertrages.

Es gibt für PVEs derzeit entsprechende Förderungen des EU-Aufbauplans (RRF-Förderung) für Neugründungen bzw den laufenden Betrieb, die zur Vermeidung von unsachlichen Doppelförderungen teilweise mit den Zahlungen der Kasse gegenzurechnen sind. Zum Thema Förderungen ist die AWS (Förder-und Finanzierungsbank des Bundes)  grundsätzlich die erste Anlaufstelle, allerdings gibt es auf der Plattform Primärversorgung (https://primaerversorgung.gv.at/foerderungen) auch erste allgemeine Informationen dazu.

Voraussetzung für die Gründung ist die Einbindung von derzeit mindestens 3 Kassenplanstellen in eine PVE. Dies kann durch Einbindung von Ärzten erfolgen, die bereits einen Kassenvertrag als Einzelarzt/Gruppenpraxis haben oder durch Einbindung von bisher unbesetzten bzw neugeschaffenen Planstellen. Die Gründung einer PVE ist genauso wie eine Einzelkassenstelle jedenfalls auszuschreiben. Die Systempartner Land OÖ, ÖGK und Ärztekammer, die zu jeder PVE-Gründung ihre Zustimmung geben müssen, haben Standorte für PVEs ermittelt, die gut geeignet wären, aber es sind auch andere Standorte für eine PVE nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern willkommen. Entscheidend ist, dass sich mind 3 Ärzte für Allgemeinmedizin bzw Kinder- und Jugendheilkunde zusammenfinden, die als gemeinsames Team als Träger und Bertreiber einer PVE auftreten wollen. Ist dies gegeben, ist es sinnvoll und notwendig mit den Ansprechpartnern in der Ärztekammer (Mag. Kerstin Garbeis/Mag. Nick Herdega) Kontakt aufzunehmen, um sich entsprechende Infos einzuholen und die weitere Vorgehensweise besprechen zu können. Voraussetzung für eine PVE-Gründung ist auch das Vorhandensein oder die Schaffung entsprechend großer Räumlichkeiten. Jede Gründung einer PVE folgt zwar vorgegebenen systematischen und auch rechtlichen Regelungen, es ist aber immer auch Raum und Notwendigkeit für individuelle Vereinbarungen gegeben, sodass keine PVE der anderen völlig gleicht. Die detaillierte Entwicklung einer PVE erfolgt in sukzessiven Gesprächen mit den Experten in der ÖGK und der Ärztekammer, um maßgeschneiderte Lösungen im Rahmen der gesetzlichen und gesamtvertraglichen Möglichkeiten sicherstellen zu können. Die Gründung einer PVE ist daher ein komplexer Vorgang, der einer doch vergleichsweise längeren Planung und Umsetzung bedarf, die oftmals mehr als ein Jahr in Anspruch nimmt, bei entsprechen baulichen Maßnahmen oft auch erheblich länger. Wichtig ist im Vorfeld auch die Kontaktaufnahme und Abstimmung mit dem PVE-Referat, weil gerade der kollegiale Austausch mit PVE-erfahrenen Ärzten viele Probleme bei der Gründung erst gar nicht entstehen lässt.

Eine PVE ist vor allem für Ärztinnen und Ärzte geeignet, die sehr gerne in einem größeren Team arbeiten. Im Gegensatz zu einer Einzelärztin/einem Einzelarzt ist der eigene Entscheidungsspielraum aber durch entsprechend notwendige Absprachen mit den Arztkolleginnen und -kollegen eingeschränkt. Auch für Jungärztinnen und Jungärzte kann eine PVE interessant sein, hat man doch den Vorteil mit Arztkollegen unmittelbar zusammenzuarbeiten und fachlichen aber auch kollegialen Austausch unmittelbar zu pflegen. Gerade für die Gründung einer PVE bedarf es auch eines entsprechenden Unternehmergeistes, deshalb sollte man in jedem Fall auch die Hilfe eines PVE-Managers, für den die Kasse entsprechende Kostenzuschüsse leistet, in Anspruch nehmen. Vorteil ist auch, dass in einer PVE bei Vorliegen der entsprechenden Konstellation, erfahrene Ärztinnen und Ärzte, die bereits einen Kassenvertrag haben und diesen miteingebracht haben, mit jungen Ärztinnen und Ärzten, die am Beginn ihrer ärztlichen Laufbahn stehen, systematisiert zusammenarbeiten können. Aufgrund des in der Regel größeren Ärzteteams ist die Möglichkeit der Vertretung bei Abwesenheit (Krankheit, Urlaub, Fortbildung, usw.) oftmals leichter organisierbar, was vor allem auch von Ärztinnen und Ärzten mit Kindern bzw. Kinderwunsch besonders geschätzt wird. Patientinnen und Patienten schätzen in der PVE vor allem die längeren Öffnungszeiten und die Möglichkeit der Inanspruchnahme von ärztlichen und therapeutischen Leistungen unter einem Dach. Als nachteilig wird oftmals empfunden, dass eine individuelle Betreuung durch ein und denselben Arzt aufgrund der notwendigerweise abwechselnden Arbeitszeiten nicht immer gewährleistet werden kann.

 

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