Die Suche nach mehr Geld im System

Die Landeshauptleute, der Gesundheitsminister, der Finanzminister, die Träger, die Ärzteschaft, ja es scheint, dass fast alle nach mehr Geld im Gesundheitssystem suchen. In vielen Diskussionen wird das Thema Patientenlenkung als wichtige Voraussetzung für eine kosteneffiziente Behandlung der Patientinnen und Patienten genannt. Dem stimme ich vorbehaltlos zu.

Die Landeshauptleute, der Gesundheitsminister, der Finanzminister, die Träger, die Ärzteschaft, ja es scheint, dass fast alle nach mehr Geld im Gesundheitssystem suchen. In vielen Diskussionen wird das Thema Patientenlenkung
als wichtige Voraussetzung für eine kosteneffiziente Behandlung der Patientinnen und Patienten genannt. Dem stimme ich vorbehaltlos zu.

Es gibt aber vor allem im Spital noch zwei Dinge, die vielen Außenstehenden vielleicht gar nicht so auffallen, aber bei denen Potential zur Einsparung besteht. Vor zirka zehn Jahren gab es eine Werbeaktion der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte der Wiener Ärztekammer mit dem Titel: Die Wiener Spitalsärzte sind immer für Sie da. Nun ja, dieses Angebot würden wir in dieser starken Ausprägung nicht mehr formulieren. Jetzt müsste es heißen: Kommen Sie zu uns, wenn Sie uns wirklich brauchen.
Was machen aber viele Träger weiterhin? Wenn es irgendeine medizinische Neuigkeit gibt, wird diese breit in allen Medien, vom Fernsehen bis zur Zeitung, dargestellt. Der Patientin und dem Patienten wird wieder einmal suggeriert, dass ihr/sein Herzklopfen nur durch diese neue Innovation verbessert werden kann, und schon wird diese Leistung überall fleißig nachgefragt. Natürlich ist diese Information in vielen Fällen nicht kostenlos, da Einschaltungen und sehr oft auch Fernsehberichte sehr teuer sind. Viel gescheiter wäre es, die Fachkolleginnen und Fachkollegen – und nur diese – über Neuerungen zu informieren. Das Werbebudget in vielen Organisationen im Gesundheitssystem könnte man sich locker sparen und dafür einsetzen, mehr Personal bezahlen zu können. Wir brauchen keine Werbung, dass die Patientinnen und Patienten zu uns kommen, wir sehen es täglich an unseren übervollen Spezialambulanzen.

ZERTIFIZIERUNGSWUT
Ich möchte keinen Zweifel offen lassen: Qualitätssicherung ist ein wichtiges Gut in der Medizin. Strukturierte Qualitätssicherung sind wir unseren Patientinnen und Patienten schuldig. Diese meine ich aber nicht. Nahezu alle  Gesundheitsorganisationen sind der Zertifizierungswut verfallen. Da geht’s nicht nur um die Gesamtorganisation, sondern auch um gesonderte Zertifizierungen von Abteilungen aber auch Ambulanzen, vom linken Zehennagel bis zur letzten
Haarspitze. Dieser Drang zur Zertifizierung bindet eine große Zahl an pflegerischen und ärztlichen Ressourcen, die dann in der Betreuung der Patientinnen und Patienten fehlen. Es kostet auch eine Stange Geld, das man sich zum großen Teil sparen kann und aus meiner Sicht, bei Mangel an Ressourcen, sowohl was die Finanzierung, als auch die Personalsituation betrifft, sparen soll – nein: muss! Es wäre an der Zeit, die Kosten für diese überbordenden qualitätssichernden
Maßnahmen für ganz Oberösterreich auf den Tisch zu legen (es geht hier sicher in die Millionen Euro), die Spirale der Zertifizierung auf das Notwendige einzuschränken und das ersparte Geld für die Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
sowohl im ärztlichen als auch im Pflegebereich einzusetzen. Jeder Euro, der hier nicht für die Betreuung  unserer Patientinnen und Patienten ausgegeben wird,ist ein verlorener Euro.


VERHANDLUNG IM BUND
Für Oberösterreich kann ich sagen, dass wir in vielen Gesprächen mit den politisch Verantwortlichen in unserem Bundesland unseren Standpunkt für eine zukünftige Finanzierung der Gesundheitsversorgung einbringen. Ich weiß, dass wir hier als Ärztekammervertretung in den Ländern – fast – im Gleichschritt vorgehen. Es gibt klare Beschlüsse im Vorstand der Österreichischen Ärztekammer zur Finanzierung des gesamten ambulanten Bereiches (ambulante Versorgung im extramuralen Bereich plus Leistungen in den Ambulanzen) aus einer Hand, zur strukturierten Patientensteuerung; mit Verpflichtung der Patientinnen und Patienten, sich an einen gemeinsam definierten Weg zu halten. Und natürlich ist der Ausbau des
niedergelassenen Bereichs notwendig, der dafür eine Voraussetzung ist.

Ihr Präsident Dr. Peter Niedermoser
Linz, im Juni 2023